„Das Ganze ist im Grunde ein neuartiges Payback-System“


Sie haben vor knapp zehn Jahren die Sun AG gegründet, eine Firma, die neuartige vollwertige Lebensmittel herstellt. Wie kam es dazu?
Ich komme ja ursprünglich aus dem Metier. Nach meiner Ausbildung zum Koch bin ich in die USA gegangen und habe mich dort mit dem Thema Technologie befasst. Die Frage, die ich mir gestellt habe, war, ob es denn nicht auch möglich sei, ein Lebensmittel herzustellen, in dem alle Nährstoffe enthalten sind. Aber es gab auch noch einen anderen Anstoß für die Idee zu Sun Minimeal.
Ja?
Ich habe damals nach einem Lebensmittel gesucht, mit dem ich den höchsten Berg in der Antarktis, einen der Seven Summits, den fast 5000 Meter hohen Mount Vinson, besteigen kann. Ursprünglich wollte ich den Mount Everest bezwingen. Das ging aber nicht, weil es da ein Jahr zuvor zu einem Unglück kam und daraufhin erst mal keine weiteren Lizenzen für Expeditionen ausgestellt wurden. So habe ich mich für eine Alternative entschieden – und das war dann die Antarktis.
Was war bei Ihrer Antarktis-Expedition die größte Herausforderung?
Das Thema Ernährung. Ich wollte auf keinen Fall mit herkömmlichen Lebensmitteln oder synthetisch hergestellten Nahrungsergänzungen auf die Expedition gehen und habe mit der Reise so lange gewartet, bis ich ein eigenes Lebensmittel entwickelt hatte, das meinen Anforderungen gerecht wurde und von Natur aus alle Nährstoffe enthält. Im Dezember 2016 war es dann so weit.

Ich nehme an, dass das Gewicht des Reisegepäcks bei solch einer Extremtour keine unwesentliche Rolle spielt?
Ganz genau. Und Obst und Gemüse sind ja relativ teuer. Teuer deshalb, weil sie zu 80, 90 Prozent aus Wasser bestehen. Jedes Kilogramm, das man in die Antarktis einführt, kostet etwa 50 Dollar. Für mich war es nicht nachvollziehbar, warum man in einem Zeitalter, in dem man Telefone ohne Kabel bauen oder eine Rakete zum Mond schicken kann, warum es da nicht auch möglich sein sollte, im Lebensmittelbereich etwas Innovatives, etwas vollkommen Neues zu entwickeln. Und so kam ich auf die Idee mit den Sun Minimeals …
... dem nach Ihrer eigenen Aussage „gesündesten Lebensmittel der Welt“. Laut Wissenschaft gilt allerdings die Brunnenkresse als einziges Lebensmittel, das es schafft, pro Verzehr von 100 Kilokalorien auch 100 Prozent des täglichen Bedarfs zu decken.
Die Studie, die Sie hier erwähnen, stimmt so nicht. Es ist auch so, dass man mit 100 Kalorien den Tagesbedarf nicht decken kann. Unser Ziel war es aber, ein Lebensmittel zu bauen, das den Bedarf des Körpers zu 100 Prozent deckt. Wir haben die Brunnenkresse analysiert und mithilfe eines Nutriscans mit Sun Minimeal verglichen. Dabei haben wir festgestellt, dass mehr als 500 Gramm Brunnenkresse für eine Portion mit 100 Kilokalorien notwendig sind. In dieser Menge werden von 38 notwendigen Nährstoffen nur sieben, nämlich Vitamin A, C, K, B9 und die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Mangan, zu 100 Prozent abgedeckt. Grundlage sind die Daten des Bundeslebensmittelschlüssels. Die Kosten für 100 Kilokalorien Brunnenkresse, das sind umgerechnet 526 Gramm, liegen bei horrenden 55 Euro und machen daher keinen Sinn.
“Alle Nährstoffe, die in Minimeal enthalten sind, sind unter der Sonne gereift
Was genau ist Minimeal?
Uns gelingt es, mit dem Produkt eine vollwertige Ernährung anzubieten, für die man eigentlich circa 3000 Kalorien braucht. Wir schaffen das allerdings mit 800 Kalorien. Das ist mal die entscheidende Innovation. Und die zweite ist, dass wir das alles von Natur aus schaffen. Der Name „Sun“ kommt auch daher, weil alle Nährstoffe, die in Minimeal enthalten sind, unter der Sonne gereift sind und eben nicht aus dem Labor kommen.
Wer ist die Zielgruppe für Sun Minimeal?
Grundsätzlich jeder Mensch, der sich gesund ernähren möchte und wenig Zeit hat, sich intensiv mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen.
Ist Sun Minimeal ein Snack?
Der Riegel kann auch als Snack verwendet werden. Wenn man zwei Stück davon nimmt, ist er ein Mahlzeitersatz. Man kann Minimeal aber auch zum Abnehmen verwenden. Oder als vollwertige ketogene Ernährung.
Das Produkt ist zu 100 Prozent vegan?
Ja, aber wir schreiben das nicht groß drauf. Warum? Bei vielen Menschen stößt das Thema fleischlose Ernährung auf Widerstand, da sie glauben, dass man sich mit rein pflanzlicher Ernährung nicht gesund ernähren kann. Unsere Produkte sind deshalb schon mehr als eine rein vegane Ernährung. Das sind Vollwertprodukte, die rein zufällig eben auch rein pflanzlich sind. Das Eiweißprofil wird bei uns aus rein pflanzlichen Grundstoffen zusammengestellt und hat deshalb einen besseren Amino-Wert-Score als Fleisch. Und darauf sind wir wirklich sehr stolz.
“Mit unseren Produkten reduzieren wir 90 Prozent der Ernährungsressourcen
Sie haben nicht nur bei Ihrem Produkt einen innovativen Ansatz, sondern auch bei der Vermarktung. Was hat es mit den sogenannten Soil-Token auf sich?
Soil-Token sind ein reines Bonusprogramm, mit dem wir unsere Kunden belohnen wollen. Belohnen dafür, dass sie dranbleiben, dafür, dass sie einen Beitrag leisten für die eigene Gesundheit, aber auch für die Umwelt. Mit unseren Produkten reduzieren wir 90 Prozent der Ernährungsressourcen. Und mit den Bonuspunkten wollen wir einen Anreiz schaffen. Das Ganze ist kostenlos.
Und wie funktioniert das im Detail?
Sie kaufen bei uns ein Produkt. 20 Prozent der Umsätze, die wir online generieren, verwenden wir, um diese als Soil-Token aufzukaufen und somit aus dem Umlauf zu nehmen. Diese Token liegen auf einer Blockchain. Wird der Token deflationär, zieht das eine steigende Nachfrage nach sich. Je mehr konsumiert wird, desto mehr wird verbrannt. Und das ist das Grundprinzip unseres Token-Modells.
Wir sprechen hier also über eine eigene Kryptowährung? Begegnen viele Kunden hierzulande dieser digitalen Währung nicht eher mit großer Skepsis?
Zugegeben, das ist ein sehr kontroverses Thema. Coins können im Wert steigen, aber auch fallen. Wenn Kurse fallen, werden Kunden oft nervös und verkaufen mit Verlust. Und wenn das viele machen, dann geht der Kurs eben Richtung null und bleibt dann meist auch dort.
Und das soll gut sein?
Der Vorteil bei unserem Modell ist, wenn bei unserem Soil-Token der Kurs fällt, freuen sich alle, weil automatisch mehr davon von der AG gekauft und verbrannt werden. Wenn der Kurs zum Beispiel bei 0,50 liegt, können für 1000 Euro 2000 Soil-Token von der Sun AG gekauft und aus dem Umlauf genommen werden. Wenn der Kurs bei 1,00 liegt, sind es 1000 Soil-Token. Je mehr Kunden dazukommen, desto mehr der begrenzten Soil-Token werden gekauft und aus dem Umlauf genommen. Man nennt dies auch Buy & Burn.
Diese Kryptos können ja sehr schnell hoch- und runtergehen, haben da die Kunden keine Verlustängste?
Wir schenken unseren Kunden diesen Token mit ihrem Kauf. Somit kann da kein Verlustgefühl entstehen. Das Ganze ist im Grunde ein neuartiges Payback-System. Und es ist vergleichbar mit jeder anderen Kryptowährung wie etwa dem Bitcoin. Wenn man das die letzten 13 Jahre zurückverfolgt, dann ist die Tendenz klar: Mit Kryptowährungen kann man langfristig nur gewinnen, zumindest wenn man sie einfach hält. Im Jahr 2011 kostete ein Bitcoin etwa vier bis fünf Euro. Heute hat ein Bitcoin einen Wert von mehr als 100.000 Dollar. Und der Bitcoin wird von circa einer Milliarde Menschen genutzt. Wenn wir eine Milliarde Nutzer hätten, wäre das Umweltthema der rückläufigen Ackerflächen gelöst.
Kann ich meinen Token, wenn ich möchte, auch in analoges Geld umwandeln?
Selbstverständlich. Man kann diesen Token in jede andere Kryptowährung, also Bitcoins oder auch in digitale Dollars, umtauschen …
Und am Geldautomat abheben?
Über Umwege ist das natürlich auch möglich.
Sie sind im letzten Jahr in Deutschland in die Schlagzeilen geraten. Im Juli wurde bekannt, dass Sie als neuer Hauptsponsor bei Schalke 04 einsteigen. Ein Traditionsclub, der allerdings inzwischen nur noch zweitklassig spielt. Warum sehen Sie die Königsblauen dennoch als idealen Partner für Ihr Produkt?
Erstens: Schalke ist ein Club, den jeder kennt. Zweitens: Fußballsponsoring, das vorne auf der Brust platziert ist, funktioniert. Die Zielsetzung war also, die Marke bekannt zu machen. Und da spielt natürlich auch die große Fanbase von Schalke 04 eine große Rolle. Wir sprechen über knapp neun Millionen Menschen. Und die Schalke-Fans gelten als loyal. Da spielt es dann auch keine entscheidende Rolle, wenn man mal kurz in einer anderen Liga spielt. Der Zusammenhalt ist einfach gigantisch, und deshalb haben wir uns für eine Partnerschaft entschieden.

Schalke-Fans gelten aber eher als Traditionalisten. Einfache Ruhrpott-Arbeiter, die Currywurst essen und dazu ihr Bierchen trinken. Wie passt das mit einem innovativen, veganen Nahrungsergänzungsprodukt zusammen?
Auch der Bergbau hat irgendwann ein Ende – nichts ist für immer. Wir sind heute im Elektrozeitalter. Irgendwann findet überall ein Kulturwandel statt. Und dadurch, dass wir ein sehr nachhaltiges Lebensmittel herstellen und gerade auch für die Jugend ein Vorbild sein wollen, sehen wir hier eine Verantwortung und eine Verpflichtung, neue Wege zu gehen.
Ihr Einstieg als Schalke-Sponsor traf nicht überall auf positives Echo. Die „Bild“-Zeitung titelte beispielsweise so: „Geschäftsführer ist mehrfach vorbestraft und saß im Knast: Die dicke Strafakte des neuen Schalke-Sponsors.“ Hatten Sie mit solchem Gegenwind gerechnet?
Ja, weil ich das immer ganz offen und transparent kommuniziert habe. Das war auch eine Bedingung von Schalke, dass ich, bevor wir hier eine Partnerschaft eingehen, meine ganzen Hintergründe transparent offenlege. Das ist dann auch so durch den Vorstand gegangen. In der Aufarbeitung ist rausgekommen, dass ich aufgrund falscher Beschuldigungen in Untersuchungshaft saß. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, das auf einen schlechten Charakter schließen ließe. Die Dinge liegen aber auch schon sehr lange zurück, teilweise zehn Jahre. Das heißt, die tauchen in keiner Strafakte mehr auf.
“Unser Deal war der größte, der jemals im deutschsprachigen Fernsehen gemacht wurde
Dennoch: Was macht das mit einem, wenn man mit solchen Schlagzeilen konfrontiert wird? Sind Sie juristisch dagegen vorgegangen?
Nein, bin ich nicht. Vieles wird einfach nur abgeschrieben, deshalb wird es aber auch nicht wahrer.
Wenn Sie zurückblicken, was würden Sie dennoch heute anders machen?
Ich würde wahrscheinlich keine Firma mehr in Amerika an die Börse bringen.

Im Rahmen Ihres Schalke-Engagements arbeiten Sie mit dem Extremsportler Joey Kelly zusammen. Was hat es damit auf sich?
Joey Kelly ist ein echter Marathon-Mensch, der Unglaubliches im Leben geleistet hat und die Menschen mit seiner Energie berührt. Und er steht auch für das Thema Nachhaltigkeit und passt deshalb perfekt zu unserer Marke.
Was ist die Joey-Kelly-Challenge?
Das wird ein 100-Kilometer-Lauf, der am 26. April am Schalke-Stadion startet. Für dieses „Race for Soil“ können sich Menschen bewerben, die dann mit uns diese lange Strecke laufen werden.
Kann sich da jeder anmelden?
Ja. Natürlich sollte man eine gewisse Grundfitness haben. 100 Kilometer sind schließlich keine Kleinigkeit. Die Teilnehmer sollten in der Lage sein, zumindest eineinhalb Stunden ohne Pause joggen zu können.

Sie haben kürzlich in der Sendung „2 Minuten 2 Millionen“, dem österreichischen Pendant zu „Die Höhle der Löwen“, einen großen Investoren-Deal abgeschlossen.
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist das der größte Deal, der jemals im deutschsprachigen Fernsehen gemacht wurde. Wir haben für vier Millionen 6,5 Prozent Anteile unserer Unternehmung an die Christian Jäger Group veräußert. Das Besondere an dem Deal ist auch, die Beteiligung in Form von Soils zu machen, also in einer Kryptowährung.
Sie sind gelernter Koch. Wie wurden Sie, was Sie heute sind?
Ich wollte nicht mein ganzes Leben in vier Wänden verbringen, dann arbeiten müssen, wenn andere frei haben und zum 47.000. Mal das Gleiche kochen.
Was wollte der kleine Wolfgang werden, wenn er mal groß ist? Was war Ihr großer Traum?
Der wollte immer Hotelier werden.
Und warum ist er das nicht geworden?
Wer sagt denn, dass dieser Traum vorbei ist? Meine Vision ist noch immer, irgendwann ein nachhaltiges Hotel in der Antarktis zu bauen.
Zurück in die Antarktis?
Ja, mich das fasziniert diese Weite. Die Antarktis wäre deshalb ein perfekter Rückzugsort.
Würden Sie sich als ehrgeizigen Menschen bezeichnen?
In dem Wort stecken Ehr’ und Geiz, das bin ich beides nicht. Ambitioniert aber auf jeden Fall. Ich trete an, um zu gewinnen. Manchmal ist es aber besser, in der zweiten Reihe der Erste zu sein als in der ersten Reihe der Zweite.