bugatti-Chef Florian Wortmann: „Wir sind eine Buddy-Brand“
bugatti. Ein Name, der die Augen von PS-Fans leuchten lässt. Die ursprünglich elsässische Sportwagenmarke gilt als Inbegriff luxuriöser Automobilkunst. bugatti ist aber auch der Name einer der hierzulande bekanntesten Modemarken. Die Fashion-Brand unterscheidet sich allerdings von der Autofirma – nicht nur durch die Schreibweise des Anfangsbuchstabens: bugatti mit kleinem b hat ihren Sitz in der ostwestfälischen Kleinstadt Herford. Hier ist Playboy mit Florian Wortmann verabredet.
Herr Wortmann, Sie sind jetzt seit einem Jahr Chief Brand Officer bei bugatti, aber natürlich schon viel länger in der Fashion-Welt zu Hause. So haben Sie bereits 17 Jahre Berufserfahrung in der Modeindustrie, waren bei Anson’s tätig, bei Peek & Cloppenburg, Club of Gents und zuletzt auch als Managing Director bei Baldessarini. Was ist gerade an Männermode so faszinierend?
Da muss ich etwas ausholen. Ich wollte immer etwas machen im Leben, was mir Spaß macht. Als Jugendlicher hatte ich immer den Traum, Fußballer zu werden. Ich komme aus Dortmund und wollte wenigstens einmal in meinem Leben im Westfalenstadion spielen. Das habe ich als Jugendkicker dann auch geschafft, zwar nicht beim BVB, aber zumindest durfte ich dort auf dem Rasen spielen. Nach einem Sportunfall war es aber aus mit meinen Fußballträumen. Da habe ich mich gefragt, was mache ich jetzt? Ich habe mich aber früh schon für Mode interessiert. Mir gefiel daran, dass du dich anlassgegeben anders anziehen und mit Fashion dein Individuum ausdrücken kannst. Mode war also schon sehr früh meine zweite Leidenschaft.
Hatten Sie modische Fußballer als Vorbilder?
Ich bin Borussia-Dortmund-Fan. Damals waren meine Helden Michael Zorc und Kalle Riedle.
Nicht gerade Fashion-Ikonen …
Nee, nee, nee (lacht). Das war ja damals noch nicht so, dass Fußballer rumgelaufen sind wie Models, so wie das heute der Fall ist. Heute geben Sportler allgemein viele Trends in der Mode vor, beispielsweise ein LeBron James oder Kingsley Coman.
bugatti-Chef Florian Wortmann „Entweder der Artikel macht Umsatz, oder er bringt uns was in Sachen Brand Awareness. Ansonsten hat er keine Berechtigung“
Sie haben eine Kaufmanns-Ausbildung, sind bei Peek & Cloppenburg in die Lehre gegangen, haben später studiert, wollten aber immer Verkäufer werden. Was machen Sie heute als Chief Brand Officer?
Die Antwort ist, ich verkaufe immer noch – und auch an den Endkunden. Eines meiner großen Assets ist, dass ich selbst sieben Jahre im Handel stand. Ich habe selbst verkauft, ich habe selbst Hemden gesteckt, Stangen mit Ölkerzen gewichst, sodass diese nicht mehr quietschen. Ich habe das alles selbst noch mitgemacht. Und genau das alles hilft mir, wenn wir heute eine neue Kollektion entwickeln. Dann gibt es für mich nur zwei Ansätze: Entweder der Artikel macht Umsatz, oder er bringt uns was in Sachen Brand Awareness. Ansonsten hat er keine Berechtigung. Deshalb ist für mich heute immer noch genauso wichtig: Wie funktioniert der Artikel auf der Fläche?
Sprich, was will der Kunde …
Genau. Kenne deinen Kunden! Wisse genau, wer dich kauft. Und das ist heutzutage schon sehr komplex. Also, was ist meine Funktion hier bei bugatti? Ich verantworte das Produktdesign, das Marketing, die PR, E-Commerce. Den ganzen Prozess also von der Produktentwicklung über das Storytelling bis hin zur Vermarktung an den Kunden. Und das alles zusammen im Board mit Julius Brinkmann, der auf der Sales-Seite hier mein Gesellschafter ist.
Lassen Sie uns über die große Historie von bugatti sprechen. Los ging alles mit einem italienischen Telefonbuch. Der damals verantwortliche Marketingleiter hatte auf der Suche nach einem geeigneten Namen in einem Mailänder Telefonbuch geblättert und an dem Namen Bugatti Gefallen gefunden. Warum eigentlich Mailand und nicht Paris?
Man wollte damals unbedingt international erfolgreich sein, und Italien war der Inbegriff für internationale Männermode. Was also macht der Westfale? Er kauft das Telefonbuch. Der Düsseldorfer hätte wahrscheinlich erst mal eine fünfwöchige und stinkteure Mailand-Reise gemacht. Aber hier in Ostwestfalen achtet man eben auf die Kosten (lacht). Aber die Idee mit Italien ist schon grandios. Italien hat Flair. Und das ist bis heute unsere History. Und unsere Emotion.
bugatti-Chef Florian Wortmann: „Ein guter Mantel ist wie Königsklasse“
Los ging es ja 1978 dann mit einem bugatti-Mantel …
Ja. Wir, also die Brinkmann-Gruppe, hatten auch schon die Lizenz für Burberry-Mäntel. Und ein Mantel war damals ein absolutes Statement für einen Mann. Und der Trenchcoat ein echtes Iconic Piece.
Was macht einen guten Mantel aus?
Ein guter Mantel ist wie Königsklasse. Denn hier geht es um die Verarbeitung. Und um verschiedene Materialien. Der Oberstoff beispielsweise sollte ja wasserabweisend sein. Entscheidend ist aber natürlich die Passform. Ein gut sitzender Mantel passt auch über das Sakko.
Wie viele Mäntel braucht ein Mann?
Ein Mann braucht nur einen bugatti-Mantel (lacht). Aber mehrere sind natürlich besser, der Mantel ersetzt heute ja auch oft das Sakko. Gerade im Winter. Ein Mantel ist auch gut kombinierbar, da er einen formellen Ansatz hat, aber auch einen modischen. Ein Mantel darf heute ja sogar zusammen mit einer Jogginghose getragen werden.
Heute hat bugatti nicht nur Mäntel im Sortiment, sondern fast alles, von Reisetaschen bis zu Einrichtungs-Accessoires.
Unsere Vision ist es, ein Leading Brand Universe zu verkörpern. Wir haben inzwischen 14 Partnerlizenzen, wir kleiden den bugatti-Mann von Kopf bis Fuß ein. Es gibt inzwischen sogar Düfte, die übrigens sehr erfolgreich im Markt sind.
Wie sieht eigentlich der typische bugatti-Mann aus?
Gegenfrage: Gibt es überhaupt den typischen Mann?
Männerbilder sind vielfältiger geworden.
Total. Wir haben heute keine Altersgrenzen mehr. Wir haben keine Geschlechtergrenzen. All das brechen wir auf. Wir verkaufen ein Lebensgefühl, Emotionen.
Was ist das für ein Lebensgefühl?
Unsere drei Core Values sind Leidenschaft, Genuss, Gemeinschaft. Wenn wir von Genuss sprechen, meinen wir natürlich nicht Essen und Trinken. Es geht um das Genießen des Augenblicks – im Hier und Jetzt. Und darum, diesen Moment mit anderen zu teilen. Das ist, was uns verbindet.
bugatti-Chef Florian Wortmann: „Italiener sind in Sachen Mode deutlich mutiger“
Wann ist Mann gut angezogen?
Wenn du dich gut und authentisch fühlst. Wenn du nicht verkleidet bist. Für bugatti bedeutet das: Wir übertreiben nicht. Ich sage auch immer ganz klar, wir sind keine Love-Brand. Wir sind eine Buddy- Brand. Bugatti soll Verlässlichkeit ausstrahlen. Ich möchte, dass unser Kunde weiß, was ihn nächste Saison erwartet. Gleichzeitig wollen wir natürlich auch jüngere Generationen erreichen. Und natürlich entwickeln wir uns auch weiter.
Der Name Bugatti ist nicht zufällig gewählt. Warum sind italienische Männer eigentlich besser angezogen als wir Deutschen?
Italiener sind in Sachen Mode deutlich mutiger. Mode ist hier in Deutschland noch viel mehr bedarfsorientiert. Und wir Deutschen geben lieber Geld für andere Dinge aus, während der Italiener sagt, mir ist es vor allem wichtig, gut angezogen zu sein. Ich nenne das Respekt vor dem eigenen Spiegelbild.
Was können wir deutschen Männer von den Italienern lernen?
Ich kann mich nur wiederholen: mutiger und aufgeschlossener sein.
Bei der wichtigen Modemesse Pitti in Florenz haben Sie im Sommer die erste Kollektion präsentiert, die unter Ihrer Führung entstanden ist. Was macht die neue Herren-Kollektion aus?
Klingt vielleicht erst mal überraschend: Wir sind nicht auf italienische Schnitte gegangen. Wer sich im Modemarkt ein bisschen auskennt, der weiß, die italienische Mode ist zwar die schönste, aber passformtechnisch auch herausfordernd. Wir kombinieren deshalb die italienische Ästhetik und Qualität der Stoffe mit gut sitzenden Passformen. Und: Wir haben die Kollektion vereinheitlicht. Alles spricht jetzt eine Sprache. Wir wollen Zuverlässigkeit bieten. Wenn du bugatti kaufst, dann weißt du, dass du wirklich immer gut gekleidet bist. Du bist vielleicht nicht der Trendsetter, aber du bist immer safe. Und das mit italienischem Flair.
Wir sitzen hier in Herford, einer mittelgroßen Stadt in Ostwestfalen. Wie schafft es bugatti, internationales Großstadt-Flair zu vermitteln?
Unsere Showrooms sind ja in den Metropolen. Und natürlich machen wir viele Info-Reisen. Wir sind in 14 Tagen zum Beispiel wieder in Mailand. Das machen wir mit dem ganzen Designteam zweimal im Jahr. Das ist natürlich sehr aufwendig, aber wichtig. Manchmal fliegen wir aber auch mal für einen Tag nach London oder Paris, um dort alles aufzusaugen.
bugatti-Chef Florian Wortmann: „Gute Werbung muss polarisieren, um Relevanz zu schaffen“
2024 feiert bugatti Jubiläum …
Ja?
Vor 40 Jahren hat bugatti seine erste Werbeanzeige geschaltet.
Stimmt, das war 1984.
Von Henry Ford gibt es den legendären Satz, 50 Prozent bei der Werbung sind immer rausgeworfen. Man weiß aber nicht, welche Hälfte das ist. Wie wichtig ist Werbung für Sie, und was macht gute Werbung aus?
Gute Werbung muss polarisieren, um Relevanz zu schaffen.
Es fällt auf, dass die bugatti-Models in der aktuellen Kampagne sehr international sind. Suchen Sie die Models selbst aus?
Ja, das ist Chefsache. Ich habe zu allen auch immer persönlich Kontakt. Und ehrlich gesagt: Als ich hier angefangen habe, war es schwierig, international bekannte Models zu bekommen. „Bugatti, das ist viel zu kommerziell“, hieß es dann von den Modelagenturen. Durch mein gutes Netzwerk haben wir dann für unsere erste Kampagne doch echt supergute internationale und diverse Models bekommen und konnten durch eine neue Bildsprache und die erste Kampagne eine tolle Basis für die nachfolgenden Projekte schaffen.
Sie haben Ihr bisheriges berufliches Leben in der Modeindustrie verbracht. Wenn Sie noch mal was Neues ausprobieren wollen würden, was wäre das dann?
Beim Playboy anheuern (lacht). Worauf ich tatsächlich große Lust hätte, wäre, als Formel-1-Pilot Rennen zu fahren.
Rennfahrer?
Klar. Diese Anspannung kurz vor dem Start. Und dieser mentale Druck, Höchstleistung abzuliefern, immer gewinnen zu wollen, das muss gigantisch sein. Das würde ich einfach mal gerne spüren.
Reizt Sie die Geschwindigkeit, oder haben Sie eine Todessehnsucht?
Nein, nein, natürlich nicht (lacht). Ich mache alles gerne, was schnell ist und Spaß macht. Ich fahre gerne Ski. Und würde gerne mal paragliden. Ich liebe aber auch das Sommer-Rodelbahn-Fahren, das mache ich zehnmal hintereinander. Klettern, Bergsteigen, so was. Und ja, ich bin wohl ein Adrenalinjunkie.