Testosteron ist dieser Tage ohnehin nicht so en vogue. Nicht erst seit Donald Trump („You can grab them by the pussy“) und dem inzwischen zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilten Ex-Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein ist im Zuge der weltweiten MeToo-Bewegung häufig von sogenannter toxischer Männlichkeit die Rede. War der metrosexuelle Mann Anfang der Jahrtausendwende noch ein echter Kerl (David Beckham) mit Muckis am Körper und einer wunderschönen Frau an seiner Seite (Posh Spice), zeigen sich männliche Superstars heute schon mal im schwarzen Spitzenkleid auf dem Cover der bedeutendsten Modezeitschrift der Welt. So gesehen: Sänger Harry Styles kürzlich auf dem Titel der US-amerikanischen Vogue.
Andererseits: War „Mannsein“ nicht schon immer viel mehr als die schlichte Reduzierung auf männliche Stereotype wie Rationalität, Durchsetzungsvermögen und Dominanzgebaren? In den 1960er-Jahren – zur gleichen Zeit also, als Sean Connery durch James Bond das Männer-Bild des smarten, eleganten, aber auch brutalen Machos zementierte –wollten weltweit Millionen junge Männer so sein wie die jugendlichen Helden der Pop-Kultur: langhaarig wie die Beatles, androgyn wie David Bowie, verletzlich wie Jim Morrison.
Was soll dieses „Mannsein“ also überhaupt sein? Ist die Frage per se nicht schon ein Anachronismus? Genderforscher wollen das Geschlecht heute nicht mehr ausschließlich als Schicksal verstanden wissen, sondern als gestaltbar. Und dennoch ist die Frage, die einst Herbert Grönemeyer mit seinem durchdringenden Quäk-Organ ausstieß, für uns PLAYBOY-Macher aktueller denn je: Wann ist ein Mann ein Mann? Viele kluge Köpfe haben wir in den letzten Jahren dazu um Antworten gebeten. Frauen wie Männer. Der afrikanische Schriftsteller JJ Bola („Sei kein Mann“) schrieb in einem Beitrag für die Januar-Ausgabe: „Es gibt viele Arten der Männlichkeit. Aber oft wird diese Vielfalt gerade jungen Menschen nicht nahegebracht. Sie wachsen mit einem eingeschränkten Bild auf. Es fehlen Vorbilder, die nicht den klassischen Stereotypen entsprechen.“
Männlichkeit definiert sich für mich persönlich als Synonym für Souveränität, Mut, Toleranz, Entschlossenheit, Humor, Verantwortungsbewusstsein. Und steht somit nicht im Widerspruch zu „Weiblichkeit“. Wohl aber zu Überzeugungen, die Männlichkeit mit Grobheit, Machtgehabe, Überlegenheitsfantasien und Besitzstandswahrung verwechseln. Der sexistische Herrenwitz auf zwei Beinen hat ausgedient. Oder wie es der berühmte englische Dramatiker William Shakespeare formulierte: „Du könntest mehr der Mann sein, der du bist, wenn du es weniger zeigtest.“
Männer bevorzugt impfen? Was medizinisch vernünftig wäre – aber gesellschaftlich natürlich nicht vermittelbar ist –, weckt bei manchem nun ganz offenbar Begehrlichkeiten. So schlug der Vorstandsvorsitzende des ruhmreichen FC Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, kürzlich vor, Fußball-Profis vordringlich zu impfen. So könne der Fußball „als Vorbild vorangehen“. Der Bayern-Boss musste auf die Häme, die sein Vorschlag hervorrief, nicht lange warten.
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