Crashkurs zur US-Wahl 2024: 9 Dinge, die Sie über das politische Großereignis wissen müssen

Unvergessen: Das TV-Duell der Prasidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris im US-Wahlkampf 2024
Credit: Youtube
Unvergessen: Das TV-Duell der Prasidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris im US-Wahlkampf 2024
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Am 5. November entscheidet Amerika darüber, wer das Land in Zukunft anführen soll: Wird Kamala Harris die erste Frau an der Spitze der USA? Oder kehrt Donald Trump dorthin zurück? Aber wie war das noch mal mit Primaries, Wahlmännern und Swing States? Ein kleiner Crashkurs zur US-Wahl mit 9 wissenswerten Daten und Fakten 

Von: Playboy Redaktion
26.10.24
Alle Artikel

1. Wie wurden Trump und Harris überhaupt zu den Kandidaten ihrer Parteien im US-Wahlkampf 2024?

Präsidentschaftskandidatin der Demokraten: Kamala Harris, 59

Es blieb lange spannend. Nachdem Joe Biden erklärt hatte, 2024 erneut zu kandidieren, und bei den „Primaries“ genannten Vorwahlen (in denen Republikaner und Demokraten jeweils ihre Präsidentschaftskandidaten wählen) keine Konkurrenz fürchten musste, deutete alles auf ein erneutes Duell Biden vs. Trump hin. Doch das erste TV-Duell und weitere offenbar altersbedingt missglückte Auftritte Bidens ließen die Zweifel am 81-Jährigen wachsen. Im Juli trat er schließlich von seiner Kandidatur zurück und empfahl Vizepräsidentin Kamala Harris für das Amt. Harris, die sich als Justizministerin von Kalifornien einen Namen gemachte hatte, bevor sie 2017 Senatorin wurde, fand bei den Demokraten bald namhafte Unterstützer. Barack Obama über sie: „Yes, she can!“

Präsidentschaftskandidat der Republikaner: Donald Trump, 78 

Er ist wieder da. Zumindest als Kandidat. Dass er 2024 wieder antreten würde, kündigte Trump schon im November 2022 an. Wirklich geschlossen stand die Republikanische Partei zunächst nicht hinter ihm: Trumps früherer Vize Mike Pence beispielsweise kündigte ebenfalls an, für die Republikaner antreten zu wollen, zog seine Kandidatur aber wieder zurück. Bei den Vorwahlen setzte Trump sich letztlich klar gegen seine größten parteiinternen Konkurrenten Ron DeSantis (Gouverneur von Florida) und Nikki Haley (Ex-US-Botschafterin bei den UN) durch. Am 15. Juli, zwei Tage nach den Schüssen auf ihn bei einem Wahlkampf-auftritt, wurde Trump beim Nominierungsparteitag der Republikaner offiziell zum Kandidaten ernannt. 

2. Warum wählen die Amerikaner im US-Wahlkampf nur zwischen zwei Parteien? 

Die US-Bürger könnten ihre Stimme am 5. November auch beispielsweise Chase Oliver von der Libertären Partei geben oder Jill Stein von der Green Party. Allerdings gewann seit Mitte des 19. Jahrhunderts stets der Kandidat der Demokraten oder der  Republikaner die Wahl. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs holten beide Parteien im Schnitt sogar rund 95 Prozent aller Stimmen.

Ein Hauptgrund: das Wahlmännersystem (s. Punkt 5). Diesem zufolge erhält der meistgewählte Kandidat in einem Bundesstaat sämtliche Stimmen der dortigen Wahlleute (und die bestimmen letztlich den Präsidenten). Die Wahlleute-Stimmen eines Staates zu gewinnen, ist für kleine Parteien also fast unmöglich. Wer sie wählt, vergeudet in gewisser Weise seine Stimme.  Viele Bürger geben sie daher lieber dem demokratischen oder republikanischen Kandidaten mit echter Gewinnchance.  

3. Was sind die wichtigsten Themen im US-Wahlkampf 2024? 

Erklärt von Dr. Markus Hünemörder. Er lehrt am Amerika-Institut der LMU München und ist Experte für US-Politik

Herr Dr. Hünemörder, was sind die prominentesten Wahlkampfthemen der beiden Kandidaten?

Donald Trump konzentriert sich auf die Themen Inflation, Einwanderung und Kriminalität und wirft dort der Regierung Biden – und somit auch Kamala Harris – Versagen vor. Harris setzt auf Chancengerechtigkeit, das Abtreibungsrecht und die Erfolge der Biden-Regierung, insbesondere im Bereich Wirtschaftswachstum.

Wie spiegeln diese Themen die ideologischen und sozialen Gräben innerhalb der USA wider?

Trump kandidiert als ein Recht-spopulist. Er versucht mit seinen Themen, den Ärger der Wählerinnen und Wähler anzuzapfen. Harris steht dagegen – wie die Demokraten seit jeher – für einen Ausbau von Sozialstaatlichkeit. Sie adressiert die wirtschaftlichen Nöte der Menschen und den Missmut über die Abschaffung des bundesweiten Abtreibungsrechts.

Auf welche Strategien setzen beide im Wahlkampf? 

Während Trump vor allem auf Angriffe, Beleidigungen, Übertreibungen und teilweise glatte Lügen setzt, vermeidet es Harris, allzu spezifisch zu werden. Somit wird sie stärker als Projektionsfläche für die Hoffnungen der Amerikaner wahrgenommen.

Wie bewerten Sie den Einfluss von Plattformen wie X, Facebook und TikTok auf den Wahlkampf?

Anders als noch im Jahr 2008, als Barack Obama als einer der ersten Präsidentschaftskandidaten die sozialen Medien in seinem Wahlkampf berücksichtigte, wird Wahlkampfführung über Social Media heute von Demokraten und Republikanern gleichermaßen mit professionellen Medienstrategien verfolgt. Eine Plattform wie X, ehemals noch für beide Seiten von Interesse, ist mittlerweile konservativ bis reaktionär geprägt. Bei den Demokraten ist vor allem TikTok wichtig, weil damit die junge Wählerschaft angesprochen wird. Trump richtet sich außerdem auf seiner Plattform Truth Social an seine Anhänger.

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4. Welche Stars unterstützen Harris und Trump im US-Wahlkampf 2024?

Demokraten: 

  • Taylor Swift, Pop-Ikone, sagt über Harris: „Ich halte sie für eine besonnene, begabte Führungspersönlichkeit“
  • George Clooney, Filmstar, forderte in einem Essay in der „New York Times“ Bidens Rückzug und steht nun hinter Harris
  • Beyoncé Knowles, Sängerin, genehmigte Harris ausdrücklich, ihren Song „Freedom“ im Wahlkampf zu nutzen

Republikaner: 

  • Elon Musk, Tech-Milliardär, plant offenbar bereits, unter Trump eine „Kommission für Regierungseffizienz“ zu leiten
  • Kid Rock, Musiker, sagte nach den Schüssen auf Trump: „Wenn ihr euch mit Trump anlegt, legt ihr euch mit mir an“
  • Amber Rose, Model, sieht in Trump „die beste Chance, um unseren Babys ein besseres Leben zu geben“

5. Wie funktioniert das mit den Wahlmännern im US-Wahlkampf?

Präsident und Vizepräsident werden vom sogenannten „Electoral College“ gewählt, einem Gremium von 538 Wahlleuten. Jeder Bundesstaat stellt eine bestimme Anzahl von Wahlleuten, die sich daran bemisst, wie viele Vertreter der jeweilige Staat in den Kongress entsenden darf. Das bevölkerungsreiche Kalifornien beispielsweise stellt 54 Wahlleute, das kleine Vermont nur drei. Um Präsident zu werden, benötigt ein Kandidat mindestens 270 Wahl­leutestimmen.

In fast allen Bundesstaaten gilt dabei das „Winner takes all“-Prinzip: Der Kandidat, der die meisten Wählerstimmen auf sich vereint, erhält alle Wahlleute eines Bundesstaats. Dieses System legt es nahe, dass Präsidentschaftskandidaten ihre Wahlkämpfe auf die sogenannten Swing States (s. Punkt 6) fokussieren, und es kann dazu führen, dass die wählende Bürgermehrheit nicht den Präsidenten bekommt, den sie wollte (s. Punkt 7)

 

6. Warum sind die Swing States beim US-Wahlkampf so wichtig? 

Die sogenannten Swing States, auch als „Battleground States“ bekannt, sind jene US-Staaten, in denen das Wahlergebnis zwischen Demokraten und Republikanern unvorhersehbar ist, weil keine Partei dort traditionell eine dominante Mehrheit hat. Sie gelten daher als entscheidende Schauplätze der Präsidentschaftswahl. Selbst kleine Stimmenverschiebungen in Swing States können die gesamte Wahl beeinflussen, was mit dem Wahlmännersystem (s. Punkt 5) zu tun hat.

Präsidentschaftskandidaten konzentrieren daher einen Großteil ihrer Wahlkampfressourcen auf diese Staaten. Sie besuchen sie häufiger, schalten gezielte Werbekampagnen und passen ihre politischen Botschaften an die spezifischen Interessen der Wähler dort an. Dies verleiht den Bewohnern von Swing States einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf das Wahlergebnis. Bei dieser Wahl gelten die Staaten Wisconsin, Michigan, Penn­sylvania, Arizona, Georgia, Nevada und North Carolina als besonders wichtig. 93 Wahlmännerstimmen entfallen auf diese Staaten. 

7. Wieso muss nicht der Kandidat mit den meisten Stimmen die US-Wahl 2024 gewinnen? 

Der US-Präsident wird durch Wahlmänner gewählt, nicht direkt durch die Gesamtstimmen der Wähler. Dank des „Winner takes all“-Prinzips (s. Punkt 5) kann ein Kandidat US-weit zwar mehr Wählerstimmen erhalten, trotzdem aber verlieren, wenn er nicht genügend Wahlmänner gewinnen konnte.

So geschehen bei der Wahlentscheidung zwischen Al Gore und George W. Bush im Jahr 2000. Gore hatte landesweit zwar rund 500.000 Wählerstimmen mehr, der Swing State Florida ging nach wochenlangen Auszählungen und mit einem Vorsprung von nur 537 Stimmen aber an Bush. Dieser erhielt so die entscheidenden Wahlmännerstimmen und kam auf 271 Wahlmänner, Gore auf lediglich 266. Bis heute wird die Korrektheit der Wahl jedoch von Kritikern infrage gestellt.

8. Welchen Sieger sagt das Wahl-Orakel Allan Lichtman im US-Wahlkampf 2024 voraus? 

Der Historiker und Politikwissenschaftler Allan Lichtman lehrt als Professor an der American University und ist als „US-Wahl-Orakel“ bekannt für sein „Keys to the White House“-System. Das komplexe Konstrukt basiert auf 13 Schlüsselfaktoren, die soziale, wirtschaftliche und politische Aspekte untersuchen. Dabei ignoriert er Umfragen, hat dafür aber die Präsidentschaftswahlen seit dem Jahr 1860 analysiert. 

Historiker und Politikwissenschaftler Allan Lichtman: Der Professor ist bekannt für sein „Keys to the White House“-System
Credit: All Mauritius Images

Richten sich sechs oder mehr von Lichtmans Schlüsselpunkten gegen die aktuelle Regierungspartei, wird sie verlieren. Wenn nicht, wird sie gewinnen. Mithilfe seines Systems konnte Lichtman seit 1984 erfolgreich den Ausgang jeder US-Präsidentschaftswahl vorhergesagen. Einzige Ausnahme war die umstrittene Wahl im Jahr 2000 zwischen Al Gore und George W. Bush (s. Punkt 7). Stand Mitte September kann Harris acht der 13 Schlüsselfaktoren für sich verbuchen, Donald Trump nur drei. Zwei Faktoren sind noch offen, werden den Wahlausgang aber wohl nicht mehr entscheidend beeinflussen können.

9. Wissenswert: Meilensteine in der Geschichte des US-Wahlkampfs

1841: Gerade mal 31 Tage lang war William Henry Harrison im Frühjahr 1841 Präsident der USA. So kurz wie kein anderer in der Geschichte. Harrison zog sich nur drei Wochen nach seiner Amtseinführung eine Lungenentzündung zu (offenbar nachdem er in einen Regenguss geraten war) und starb wenige Tage später mit 68 Jahren. Der US-Präsident mit der längsten Amtszeit war Franklin D. Roosevelt, der von 1933 bis 1945 an der Spitze der USA stand.

1872: Die erste Frau, die in den USA antrat, um Präsidentin zu werden, war 1872 die Publizistin, Frauenrechtspionierin und Spiritistin Victoria Woodhull. Sie war mit ihrer Bewerbung jedoch chancenlos. Knapp 150 Jahre später schickte erstmals eine der zwei großen Parteien eine Frau als Kandidatin ins Rennen um das höchste Amt: Hillary Clinton. Sie verlor 2016 gegen Trump.

Frauenrechtspionierin und Spiritistin Victoria Woodhull war die erste Frau, die antrat, US-Präsidentin zu werden
Credit: All Mauritius Images

1960: 70 Millionen Menschen sahen zu, als John F. Kennedy und Richard Nixon 1960 zum ersten Fernsehduell zweier Präsidentschaftskandidaten antraten. Kennedy, braun gebrannt und fit, überzeugte offenbar mehr als der blasse, schwitzende Nixon: In Umfragen hatte Kennedy vor dem Duell knapp zurückgelegen, danach führte er – und gewann schließlich die Wahl. Erst 16 Jahre später folgte das nächste TV-Duell (Gerald Ford vs. Jimmy Carter), seitdem gehören die Fernsehdebatten fest zum US-Wahlkampf. 

2020: Rund 66 Prozent der wahlberechtigten Amerikaner gaben 2020 ihre Stimme ab. Eine so hohe Wahlbeteiligung hatte es zuvor seit mehr als 100 Jahren nicht gegeben. Sollte sie 2024 ähnlich hoch ausfallen, wird erwartet, dass über 160 Millionen Stimmen abgegeben werden. Die Generation Z (geboren zwischen 1997 und 2006) stellt 2024 rund 41 Millionen Wahlberechtigte, so viele wie nie zuvor