Tagebuch einer Verführerin: Schafft den Pflicht-Sex endlich ab!


Männer sind wunderbar. Sex, den Männer und Frauen gleichermaßen heiß finden, wäre absolut wunderbar, aber wenn ich mir die Mails ansehe, die ihr mir schickt, habe ich den Eindruck, dass das viel zu häufig die Ausnahme ist. Sehr oft scheint der Mann zu wollen, die Frau aber nicht. Muss sie dann trotzdem?
Früher zählte das zu den ehelichen Pflichten. Der (von Männern besetzte) Bundesgerichtshof entschied 1966: „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, daß sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen läßt. Wenn es ihr (…) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen.“
Obwohl diese Forderung 1977 abgeschafft wurde, scheint die Lustlosigkeit im Ehebett nach wie vor ein Problem zu sein. Freundinnen beichten mir, dass sie einfach daliegen, während der Partner sich einen abschrubbt. Klingt nicht sehr liebevoll. Männer wiederum erzählen, dass ihre Partnerinnen Sex wie eine Währung einsetzen. Reserviert er einen Tisch im Restaurant oder kauft ihr was, gibt’s Sex. Auch das finde ich abtörnend.
Ich staune über die gegenseitige Frustrationsbereitschaft. Viele Männer müssen wochenlang betteln, bis sie mal randürfen, und einige Frauen finden den Sex so langweilig, dass sie ihn nur im Notfall über sich ergehen lassen. Auf „Ich hab keine Lust“ mit „Ich mach auch ganz schnell“ zu antworten, dürfte die Paarungsbereitschaft nicht gerade erhöhen.
Dieses Desinteresse wird nicht erst nachts entstehen, sondern tagsüber. Wahrscheinlich ist da der Umgang nicht besonders wertschätzend. Und solange ein Mann immer nur dann zu Zärtlichkeit bereit ist, wenn er Sex will, kann es sein, dass die Frau bockig wird. Keine Frau möchte zum Abreagieren benutzt werden. Wir sind keine Sportgeräte und auch keine Orgasmus-Automaten.
Die Taktik, um die Frequenz zu erhöhen, wäre also nicht mehr Sexdrängelei, sondern mehr körperliche Nähe ohne weitere Absichten. Aus einem Gefühl von Intimität und echtem Interesse entsteht sicher mehr Leidenschaft als durch Forderungen und Druck.
Wenn ich in einer Beziehung bin, schlafe ich natürlich auch mal mit dem Partner, ohne dass ich rasend scharf bin. Erstens kann man das ja als Geschenk sehen. Und zweitens kommt die Lust bei mir dann schon, wenn wir erst mal angefangen haben. Mein Körper ist da nicht sehr kompliziert. Bei Sextoys fange ich ja auch mit einem Kaltstart an.
Wenn ich mich zum Beispiel ausgepowert fühle, weiß ich, dass ich nach einem Orgasmus wieder fit im Kopf und gut gelaunt bin. Also schnappe ich mir den Lieblingsvibrator und flute mich mit Endorphinen. Da bewährt sich das Homeoffice, im Großraumbüro wäre das schwieriger umzusetzen.
“Sexuelles Desinteresse wird nicht erst nachts enstehen, sondern tagsüber
Und ich möchte hier mal den Talmud erwähnen. Ein berühmter Talmud-Kommentar mahnt, dass der Mann verpflichtet sei, seiner Frau Vergnügen zu bereiten. Älter als die Bibel! Das wäre auch ein Ansatz für euch Jungs: nicht in erster Linie die eigene Befriedigung einzufordern, sondern der Partnerin möglichst viel Spaß zu machen. Win-win! Denn bei jedem Orgasmus werden Dopamin und Oxytocin ausgeschüttet, das stärkt die Bindung, und je intensiver die ist, umso eher steigt das Verlangen. Ein Teufelskreis der feuchten Freuden.
Und jetzt noch mein Rat für die unter euch, die in ihrer Beziehung für Sex bezahlen sollen: Koffer packen. Das ist keine Liebe, das ist Prostitution. Da habt ihr was Besseres verdient.