Velásquez, oder wie er sich selbst nennt "Popeye", war jahrelang die rechte - und skrupellose - Hand von Pablo Escobar. Für den Chef des Medellin-Kartells tötete er ohne zu zögern. Auf seinen Unterarmen prangt auf beiden Seiten der Schriftzug "El General de la mafia" - "Der General der Mafia". Neben den von ihm begangenen Morden an 300 Menschen, unter anderem an dem Kandidaten der kolumbianischen Präsidentschaftswahl Luis Carlos Galán, gab er nach eigenen Angaben ungefähr weitere 3.000 Morde in Auftrag.
Vom Polizisten zum Mörder
Bevor "Popeye" zum Killer avancierte, versuchte er sich an der Polizei-, dann an der Militärakademie. Aus dieser Zeit stammt auch sein Spitzname, den er wegen seiner dicken Unterarme bekam. Als Escobar an Macht gewann, war "Popeye" zuerst Fahrer einer Geliebten des "Patrons". Irgendwann bat er den Boss persönlich um einen Job. Aus Handlanger-Aufgaben entwickelte sich schließlich die Koordination von Escobars Terrorherrschaft. Zuerst in Escobars und Velásquez Heimat Medellin und später in ganz Kolumbien. Bombenanschläge, Entführungen und Auftragsmorde waren an der Tagesordnung.
Schon einige Montate bevor der Kokain-König Escobar 1993 von den Behörden nach langem Versteckspiel erschossen wurde, stellte sich "Popeye" den Behörden und arbeitete mit ihnen zusammen. Damit brach er ein ungeschriebenes Gesetz in den Kreisen des organisierten Verbrechens. Seine Kooperationsbereitschaft bescherte ihm eine Einzelzelle für den Großteil seiner 23-jährigen Haft. So blieb er vor Vergeltungsschlägen geschützt. Während der restlichen Gefängnis-Zeit, sorgten seine zuvor verdienten Millionen für Frieden.
"Popeye" braucht Aufmerksamkeit
Seit fast vier Jahren ist er nun wieder auf freiem Fuß. Man sollte meinen, jemand der 23 Jahre lang in Einzelhaft saß, um vor Mordkommandos sicher zu sein, hält sich nach seiner Entlassung erst einmal bedeckt. Doch "Popeye" macht das Gegenteil. Er drängt ins Rampenlicht. Vielleicht auch als Schutz vor Angriffen möglicher Feinde aus seinem früheren Leben. Auf seinem YouTube-Kanal hat er knapp 700.000 Abonnenten. Dort hält er Monologe in die Kamera oder lädt Interviews mit Journalisten hoch. Seine Themen: Escobar, sein eigenes Leben und seine Zukunft.
Die sieht der 56-Jährige nämlich in der Politik. Nachdem er im vergangenen Jahr den B-Movie "X Sicario Professional" abgedreht hatte, in dem er sich selbst spielt, ist der Senatorenposten sein nächstes Ziel. Dafür kämpft er auch für die Abschaffung eines Paragrafen, der es verurteilten Straftätern in Kolumbien verbietet, politische Ämter auszufüllen.
Wieder in Haft
Anscheinend ist Escobars liebster Killer in alte Gewohnheiten zurückgefallen: Erst letzte Woche wurde er wegen Erpressung und Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung festgenommen. Er soll über seinen Twitter-Account den Präsidentschaftskandidaten Gustavo Petro bedroht haben. "Popeye" weist die Vorwürfe von sich. Hacker sollen seinen Account gekapert und die Drohungen gegenüber Petro formuliert haben.
Bis zu seiner Festnahme konnte Velásquez allerdings gut vom Mythos um Pablo Escobar leben. Bis heute pflegt er sein Grab, gibt Führungen durch Medellin und wird von vielen seiner YouTube-Anhänger bewundert. YouTube selbst soll dem Ex-Killer sogar 400 Euro monatlich überweisen, weil seine Videos über 25 Millionen Mal geklickt wurden, wie "DER SPIEGEL" berichtet. Sein Kanal wird übrigens weiter mit Videos versorgt. Mittlerweile kann sich der 300-fache Mörder sogar Mitarbeiter leisten. Sein letztes Video wurde unter dem Hashtag "FreePopeye" veröffentlicht.
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