Bei Kia tut sich was. Seit der deutsche Spitzendesigner Peter Schreyer im Jahr 2006 zum Chefgestalter der Marke ernannt wurde, greift die Marke selbstbewusst an. Der heute 64-Jährige, der einst den ikonischen ersten Audi TT entwarf und den VW New Beetle, und der für den Audi A2 mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wurde, setzt auf frische, klare Formen. Zugleich werden bei Kia permanent die Ausstattung und die Verarbeitung optimiert. Man will den etablierten Größen von Mercedes, Audi und BMW nicht einfach nur Konkurrenz machen, nein viel mehr: „Wir wollen die beliebsteste und begehrteste Marke werden“, sagte ein koreanischer Spitzenmanager einmal dem Playboy.
Der neue Kia Sorento „Masterpiece“ stellt zurzeit die Spitze dieser Entwicklung dar. Das Modell ist auf 200 Exemplare limitiert.
Mit dem Sorento hat Schreyer, mittlerweile sogar in den Rang eines Konzernpräsidenten erhoben und auch für den Mutterkonzern Hyundai zuständig, ein gefälliges Auto geschaffen, das sich mit imposanten Maßen und eigenständigen Designideen vor der Konkurrenz nicht zu verstecken braucht. Und die Ausstattungslinie „Masterpiece“ soll dem Ganzen das i-Tüpfelchen aufsetzen.
Das gelingt nur teilweise. Das Meisterstück hat im Detail leider noch etwas Gesellencharme.
Beginnen wir mit dem Meisterhaften:
Optisch und technisch präsentiert sich der Sorento wirklich ausgereift, zuverlässig und sparsam (wir fuhren den 2,2l-Diesel-Brummer mit 7,7 Litern Durchschnittsverbrauch). Allein die Optik macht schon jede Menge her: Cooles Scheinwerfer-Design, ein imposanter Grill (mit einer „Diamant“-Optik, die an Mercedes erinnert), gebürstete Alu-Spiegelkappen und an den Einstiegen mächtige Alu-Trittbretter mit Gumminoppen. Dazu glänzend polierte Chrom-Türgriffe und -Fensterrahmen. Die Alufelgen sind im Hot-Wheels-Style gehalten, stehen allerdings derart extrovertiert hervor, dass beim Einparken jeder Bordstein zum potentiellen Killer wird.
Wer einsteigen will, staunt: Ein riesiger "Masterpiece"-Schriftzug wird unten aus den geöffneten Türen auf den Asphalt projiziert. Das kennt man bisher nur aus der Luxusliga.
Also Einsteigen und Wohlfühlen. Damit dies bequem gelingt, fährt der Sitz automatisch zurück und nach dem Schließen der Tür in die Fahrposition. Der Innenraum begeistert mit viel Leder und Alcantara, einer Alu-Pedalerie und einem großen Touchscreen für die Bordsysteme. Beim Rangieren helfen vier Kameras, deren Bilder per Software zu einer Bird-View-Ansicht gekoppelt werden. Man schaut also im Display gewissermaßen auf das Auto herab.
Alle Schalter sind dort, wo man sie erwartet. Das war bei Koreanern auch nicht immer so. Die Ergonomie ist mittlerweile ausgezeichnet. Dazu gibt’s in der Mittelkonsole zwei 12V-Steckdosen sowie Aux-In und USB. Eine kontaktlose Ladeeinrichtung fürs Handy ist in der Aufpreisliste ebenfalls verfügbar. Was will man mehr.
Unterwegs kann man zwischen zwei Fahrmodi (Eco und Sport) wählen und im Gelände das Differential zwischen den Achsen auf Knopfdruck sperren. Der Wagen gibt sich souverän, echten Geländeeinsatz haben wir ihm allerdings nicht abgefordert.
Weitere coole Features:
- Adaptiver Tempomat mit Abstandsradar
- Automatik-Heckklappe
- Zum Auto passende „Masterpiece“-Reisetasche
- Drei Sitzreihen (Aufpreis: 700 Euro). Die letzte Reihe schließt nach dem Umklappen bündig mit dem Kofferraumboden ab
- Klimaanlage mit Clean-Air-Luftfiltersystem
Bei soviel Gutem mögen kleine Mängel kaum ins Gewicht fallen. Und doch...
Gerade, weil einige Mängel so banal sind und so leicht vermeidbar wären, stören sie umso mehr. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Kia für sein Meisterstück selbstbewusste 61.690 Euro berechnet. Dafür bekommt man tatsächlich auch schon einen Audi Q5 oder BMW X5 mit ein paar Extras.
Beginnen wir bei der Navigation. Die Spracheingabe ist eine Katastrophe. Zu welcher Ignoranz und welchen Missverständnissen so ein Computersystem fähig ist, erstaunt beim Kia ganz besonders. Wer versucht, sein Ziel akustisch irgendwie in den Computer zu bekommen, dem wird nicht langweilig.
Dann das Armaturenbrett. Es ist aus weichem Kunststoff geformt – nett, gefällig anzufassen – doch einmal quer von links nach rechts läuft eine eingeprägte (!) Ziernaht, die einen Faden imitieren soll. Irgendjemand in Korea muss der Meinung sein, so etwas könnte irgendwie wertig wirken. Doch diese Form von Mimikry erzielt den exakt gegenteiligen Effekt. Und man hat es leider ständig im Blick.
Kritisch ist ein elektronisches Problem: Der Wagen verriegelt sich bisweilen selbsttätig, obwohl der Schlüssel im Fahrzeug liegt. Als uns dies passierte, waren – rein zufällig – die Scheiben unten. Glück gehabt.
Übrigens: Ausgerechnet jene Insignien, die den Wagen als „Meisterstück“ erkennbar machen sollen, werden diesem Anspruch nicht gerecht. Die „Masterpiece“-Schilder nämlich bestehen aus dünnem Blech und sind schief angebracht. An den B-Säulen hat der Geselle weder auf der linken, noch der rechten Fahrzeugseite die Mitte des Holms getroffen. Auf dem Armaturenträger und hinten auf der Heckklappe kleben die flachen Schilder auf gewölbten Flächen. Auf der Heckklappe steht das Schild einseitig ab. Das sollte der Meister nochmal nacharbeiten.
Fazit: Kia hat sich feingemacht. Und das haben sie ganz fein gemacht. Aber auch in Korea ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Video – das Chevrolet Camaro Cabrio im Test:
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