Kann das wirklich so viel Spaß machen? Ich meine klar, die Größe ist schon irgendwie entscheidend, trotzdem konnte ich nie verstehen, warum manche Männer unbedingt einmal hinter dem Steuer eines Panzers, Baggers oder sonst eines schweren Geräts sitzen wollen. Haben die als Kinder nicht genug im Sandkasten spielen dürfen?
Im neuen G-Class Experience Center in Graz – einer Art überdimensioniertem Trimm-dich-Pfad für Geländewagen – wollte ich diesem Mythos auf den Grund gehen. Aber nicht hinter dem Steuer einer G-Klasse. Think Big, dachte ich mir: Ein Unimog muss her. Seit 70 Jahren ist das unverwüstliche Universalmotorgerät weltweit im Einsatz – mit sechs Meter Länge, drei Meter Höhe und einem Gewicht von 6,5 Tonnen alles andere als ein Spielzeug. Auf öffentlichen Straßen darf das Ungetüm nur mit einem Lkw-Führerschein gefahren werden, doch wir befinden uns hier auf einem abgesperrten Privatgelände. Also, los!
Schon beim Starten des 5,1-Liter-Dieselmotors stellen sich mir die Nackenhaare auf. 231 PS mag nicht nach viel klingen, aber satte 900 Newtonmeter Drehmoment schon. Im Automatik-Modus setze ich das Monster langsam in Bewegung. Zu meinem Erstaunen kommt auch hier wie bei einem normalen Automatikgetriebe ein richtiger Kick-down, sobald ich das Gaspedal stärker durchtrete. So schafft der Unimog mühelos die gesetzlich erlaubte Maximalgeschwindigkeit von 89 km/h, Feuerwehr und Katastrophenschützer dürfen sogar 120 km/h fahren.
Doch mit dem Unimog über asphaltierte Straßen zu fahren ist in etwa so sinnvoll, wie eine Kettensäge zum Bleistiftspitzen zu benutzen. Also aktiviere ich mit einem kleinen Knopf (passenderweise mit dem Symbol eines Esels) die Geländearbeitsgruppe. Von insgesamt 16 Gängen bleibt der Unimog jetzt automatisch in den ersten acht. Damit fahre ich einen kleinen Hügel hinauf – 80 Prozent Steigung, das sieht machbar aus. 100 Prozent wären auch möglich, aber wir wollen es ja nicht gleich übertreiben. Im zweiten Gang (den ersten braucht man nur, wenn man Last geladen hat) fahre ich langsam los. Der verdammte Hang ist viel steiler, als ich dachte, irgendwann ist die Schräglage so extrem, dass ich vor mir nur noch Himmel und Wolken sehe. Plötzlich gibt loses Geröll unter mir nach, ich gerate kurz in Panik – völlig zu Unrecht.
Trotzdem schalte ich sicherheitshalber das Sperrdifferenzial auf der Hinter- und Vorderachse ein. Jetzt kann das Geröll so viel rollen, wie es will, ein sanfter Druck auf das Gaspedal, ein schneller Ruck, und schon bin ich oben auf dem Hügel. Uff! Auch beim Runterfahren klappt alles, wenn man mal davon absieht, dass nur der Gurt verhindert, dass ich bei der extremen Neigung gegen die Windschutzscheibe knalle – als würde man eine Achterbahn in Zeitlupe nach unten fahren. Nach ein paarmal rauf und runter habe ich den Dreh raus –
selbst rückwärts packt der Unimog den Hügel ohne Probleme.
Etwas mulmig wird mir allerdings, als ich bei einer seitlichen Rampe in eine starke Schräglage komme. Ich rechne damit, gleich zur Seite zu kippen, aber der Unimog, der Seitenlagen bis 40 Grad abkann, fährt stur wie ein Esel einfach weiter. Zum Abschluss dann noch die obligatorische Fahrt durchs Wasser – bis zu einer Tiefe von 1,2 Metern kann der Koloss baden gehen. Als ich mit knapp 30 km/h das Wasser erreiche, spritzt es von allen Seiten hoch. Meter für Meter schiebe ich eine kleine Welle vor mir her, bis sie schließlich am Ende der Durchfahrt auf meiner Motorhaube bricht – surfen im Unimog-Style.
Auch wenn ich schon 800 PS starke Sportwagen über die Rennstrecke gejagt oder in Kunstfliegern Pirouetten gedreht habe – nichts davon hat so viel Spaß gemacht wie ein Tag im Unimog. Ein Tipp für alle ohne Lkw-Führerschein: Die Firma Hellgeth bietet einen speziell zum Expeditionsfahrzeug umgebauten Unimog an, dessen zulässiges Gesamtgewicht unter 7,49 Tonnen liegt – und der somit auch mit einem Führerschein der Klasse 3
gefahren werden darf.
Geschwindigkeit
89 km/h
Leistung (System)
231 PS
0–100 km/h
k. A.
Hubraum
5132 ccm
Drehmoment
900 NM
Zul. Gesamtgewicht
14,5 t
Preis
137.000 Euro
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