Sie nennen es ein „Meisterstück der Automobilbaukunst“. Mercedes zeigt auf dem Genfer Autosalon Anfang März einen Super-Luxus-Offroader. Nach der Mercedes-Maybach S‑Klasse und dem S 650 Cabriolet ist der „G 650 Landaulet“ der erste waschechte Offroader mit dem Maybach-Label.

Waschecht? Durchaus, jedenfalls was die Technik angeht. Der Wagen basiert auf dem „G500 4x4²“, hat Portalachsen (die Räder befinden sich im Unterschied zu konventionellen Starrachsen nicht auf Höhe der Achsmitte, sondern weiter unten), Differentialsperren und ein Reduktionsgetriebe fürs Gelände. Andererseits hat er aber auch Sitze mit Hot-Stone-Massage. Für alle, denen das Leben nicht genug Steine in den Weg gelegt hat. Also genau im Sinne der Zielgruppe.

Die Verbindung aus Komfort und Kernigkeit, aus Oberklasse und Offroad-Purismus hat durchaus etwas Kurioses. Draußen das Design eines Werkzeugschranks, drinnen alle Annehmlichkeiten einer Fünf-Sterne-Plus-Lounge. Ein Auto für alle, die alles haben, aber, ha!, das hier eben noch nicht. Ein Geländewagen als Landaulet. Ein Auto also, dessen hintere Dachhälfte geöffnet werden kann. So etwas gab es in der Automobilgeschichte meist nur als edle Limousinen.

Schätzungsweise eine halbe Million Euro wird Mercedes für den Pracht-Zwitter berechnen. Zum Vergleich: Ein S-Klasse Maybach kostet ohne Extras 250.000 Euro, und der dreiachsige „G 63 AMG 6x6“ kam 2013 auf 451.000 Euro. Darunter wird der Maybach schon aus Imagegründen nicht liegen dürfen. Andernfalls hätte das Marketing geschlafen.

Für die angepeilte Kundschaft aber sind das nur Zahlen ohne Wert. Prachtstücke wie diese exklusive Offroad-Sänfte sind – machen wir uns nichts vor – für Multimillionäre nur reine Mitnahmeartikel. Das ist kein Scherz. Wer als arbeitsloser Zinseinstreicher oder mit dem Verkauf flüssiger Bodenschätze für die Benzinverbraucher dieser Welt täglich Abermillionen verdient, für den ist so ein Landaulet nur ein kleiner Lustkauf. Vielleicht auf dem Weg zur Werft, um den Baufortschritt der nächsten eigenen Megayacht abzuchecken.

Aber Obacht, vom Landaulet wird es nur 99 Stück geben!

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Seit 1979 baut Mercedes die G-Klasse. Besser gesagt: lässt sie bauen – bei Magna Steyr nämlich, im österreichischen Graz. Der Wagen hat sich nach dem Jeep und dem Land Rover über die Jahrzehnte zu einem Kultauto mit eingefleischter Fangemeinde entwickelt. Militärs schwören ebenso auf die Qualitäten des Schwaben-Jeeps wie Förster und Jäger. Und wer die Attitüde des Naturburschen liebt, sich aber über die eigene Kiesauffahrt nicht so recht hinauswagt, der wählt eine der hochmotorisierten G- Klassen mit V8 oder Zwölfzylinder. Gern höhergelegt oder verbreitert. Bisweilen auch mal tiefergelegt. Geschmack kennt schließlich keine Grenzen.

Ein Zwölf-Zylinder ist auch das Herzstück des neuen Maybach-G. Die Maschine leistet, aufgepumpt von zwei Turboladern, satte 630 PS und 1000 Newtonmeter. Mehr als genug also für stilvolles Abrollen auf dem Wiesenparkplatz vor dem Golfclub. „Der G 650 Landaulet sprengt alle Maßstäbe“, sagt Mercedes selbst. Es sei eine „einzigartige Kombination aus luxuriöser Chauffeurslimousine und Offroader“. Und allen Zweiflern sein versichert: Der Wagen ist bereits ab Werk mit Carbon-Planken verbreitert und steht auf keramisch polierten 22 Zoll-Alufelgen. Das gab es früher nur bei Rappern in L.A.

Credit: Hersteller

Der Chef und Zahlemann sitzt natürlich hinten, umhüllt von feinstem Leder, während sein Chauffeur vorn – aber keinesfalls in irgendwie popeliger Atmosphäre – die Arbeit verrichtet. Vier Personen haben Platz. Unter Ihnen fast ein halber Meter Bodenfreiheit und über ihnen, zumindest über den Fond-Passagieren, das besagte Faltdach. Es wird – überflüssig, zu erwähnen – selbstverständlich elektrisch geöffnet und geschlossen. Eine (elektrische...) Trennscheibe schottet die hinteren First-Class-Einzelsessel auf Knopfdruck vom Arbeitsraum ab. Die Glasscheibe kann natürlich undurchsichtig geschaltet werden, wo kämen wir sonst hin.

Um fast 60 Zentimeter hat Mercedes den Radstand verlängert. Damit ist der ganze Trumm exakt 5.345 Millimeter lang. Der so gewonnene Platz kommt ausschließlich der zweiten Sitzreihe zugute. Die beheizbaren Massage-Sitze verwandeln sich elektrisch in Betten – naja, fast. Aber immerhin in chilliger Schräglage kann man sich es auf diese Weise im Gelände hart geben. Durchgeknetet und mit warmem Popo. Auf dass der Champagner auf den mit Ledereinlagen verzierten Tischchen nicht verschütte. Ach nein, dafür gibt es ja – nanu, schnöde Cupholder? Wo sind denn die Champagnerglashalter, wie sie der letzte echte Maybach noch hatte? Wo der Fuß des Silberkelchs beim Hinstellen so schon einklickte! Und wieso, um Himmels Willen, haben die Multimedia-Displays nur läppische zehn Zoll? Da muss doch mehr gehen. Brabus, Mansory, Larte, Ihr seid gefordert!

Credit: Hersteller

Es sei „die wohl exklusivste Art, stilvoll unter freiem Himmel zu reisen“, lobhudelt Mercedes. Aber irgendwie auch eine recht ulkige Art. Wer nicht gerade Prinz Niemals-Anhalt ist, ein Scheich im fernen PS-Absurdistan oder der Oligarch, der aus der Kälte kam, der dürfte schon einen ziemlich gewöhnungsbedürftien Anblick abgeben, wenn er sich so durch Grünwald, Blankenese oder Potsdam kutschieren lässt.

Warum Mercedes so einen Aufwand treibt? 1. Weil sie es können. 2. Weil es mindestens doppelt soviele Schwerreiche gibt, die Ihnen so eine Limited Edition aus den Händen reißen werden. Und 3. weil Maybach, spätestens seitdem die Marke gekillt und 2015 als Ausstattungsvariante (offiziell „Submarke“) reanimiert wurde, offenbar eine echte Erfolgsgeschichte ist. „Seither wurden mehr als 15.000 Mercedes-Maybach ausgeliefert“, sagt Marketingleiter Jens Thiemer. Jede zehnte verkaufte S‑Klasse war also ein Maybach.

Wer jetzt die Hand am Kleingeldbeutel hat, präge sich folgende Zeitleiste ein:

1. Präsentation am 6. März auf dem Genfer Autosalon

2. unmittelbar danach Verkaufsfreigabe und Vorbestellmöglichkeit

3. Auslieferung im Herbst

Und hier, als Special-Service, die Bestell-Hotline. Sie lautet +49 711 17-0. Keine Ursache, gern geschehen!