Es ist eine schöne Sache für eine Firma, wenn das eigene Produkt beim Kunden gut ankommt. Wenn es beliebt ist und sich gut verkauft. Richtig proper läuft es, wenn das Produkt das Zeug zum Klassiker hat. Dann steigt der Wert, sobald das Produkt nicht mehr hergestellt wird. Zum Beispiel, weil die Auflage von vornherein begrenzt war. Dann weiß die Firma: Wir haben alles richtig gemacht.
Und nun? Nun könnte man dasselbe Produkt noch einmal herausbringen. Mit einer kleinen Änderung. Das kann gutgehen. Wenn man Glück hat.
Panerai hat Glück gehabt. 2011 präsentierte die italienischstämmige Marke auf dem feinen Salon International de la Haute Horlogerie (SIHH) in Genf das Modell „Luminor Submersible Bronzo“ (PAM 382). Eine Uhr mit massivem Bronzegehäuse, die sofort die Herzen der Sammler weltweit entflammte. Denn es war die erste Uhr einer großen Marke (auch wenn es natürlich nicht die erste Bronzeuhr auf dem Markt war...), deren Gehäuse gewissermaßen ein Eigenleben führt. Mit dem Tragen, durch Schweiß und Regen und Sonne und Wind, entwickelt sich eine Patina, die perfekt zum kernigen Image der italienischen Taucheruhrenmarke passt.
Die PAM 382 war auf 1000 Exemplare limitiert. Das machte sie noch begehrenswerter. Auf dem Uhrensalon dauerte es keine Stunde, da war die gesamte Auflage ausverkauft. Die Juweliere rissen den Sales Managern das Stück praktisch aus den Händen. Für den Richemont-Konzern, zu dem Panerai gehört, hatten die Italiener den Coup der Messe gelandet.
Alle wollen eine
Als die Uhr ein gutes Dreivierteljahr später an den Handel ausgeliefert wurde, hatte das Lauffeuer bereits den letzten Winkel der Uhrenwelt erreicht. Alle wollten eine. Der Preis explodierte. Wer eine Uhr zur unverbindlichen Preisempfehlung von 7300 Euro bekam, hätte sie im nächsten Moment für den doppelten Preis weiterverkaufen können. Die Bronzo war das Talking Piece überhaupt – und löste einen wahren Boom an Bronzeuhren aus.
Die Uhr schaffte es auch nach Hollywood. Im Film „Expendables 2“ tragen Sylvester Stallone, Jason Statham, Dolph Lundgren und Terry Crews alle eine 382. Die Paneristi fühlen sich bestätigt.
Zwei Jahre später, wieder auf dem SIHH: Panerai stellt eine neue Bronzeuhr vor. Die PAM 507 ist praktisch identisch mit der PAM 382, hat jedoch eine Gangreserveanzeige. Auflage: wieder 1000 Stück. Preis diesmal jedoch: 9.600 Euro. Die Juweliere und Fans stutzen.
Bronze ist mittlerweile ein Modethema im Uhrenbereich, das von immer mehr Marken bedient wird. Der Preis der PAM 382 hat sich zwischenzeitlich vervierfacht (!). Folge: Panerai erhöht den Einstiegspreis, ohne dass es dafür rationale Gründe gäbe. Denn keine Gangreserveanzeige der Welt kostet 2300 Euro.
Hinzu kommt: Die neue Uhr hat Mängel. So rasten bei vielen Modellen der PAM 507 die Lünetten nicht sauber der Minuterie folgend, sondern immer auf der halben Minute. Das sieht unschön aus, denn der große, auf die Lünette applizierte Nullindex steht immer schief, egal wie man es auch dreht. Wer ein solches Mängelexemplar reklamiert, erhält lediglich die Antwort, die schief rastende Lünette sei „von der Manufaktur so gewollt“. Nachbesserung abgelehnt.
Mit seiner Aktion hat Panerai tatsächlich einen weiteren Treffer gelandet. Auch das zweite Produkt steigt seither im Wert. Nicht ganz so extrem wie das erste, aber immer noch überdurchschnittlich. Sammler zahlen heute für eine unbenutzte PAM 507 mehr als 20.000 Euro, für die PAM 382 (siehe Screenshot) zum Teil gar mehr als 40.000 Euro. Selbst gebrauchte Exemplare mit deutlicher Patina wechseln für Unsummen die Sammlerhände.
Und nun? Sie ahnen es...
Nun machen sie es ein drittes Mal. Auf dem SIHH 2017 präsentierte Panerai gerade die PAM 671. Bronzegehäuse, limitiert auf 1000 Stück. Preis: 14.000 Euro.
Die Uhr hat keine Gangreserveanzeige. Doch das Zifferblatt ist nun nicht mehr grün, sondern blau. Die Uhr hat außerdem ein neues, flacheres Uhrwerk. Dieses Kaliber P.9010 allerdings bietet Panerai in anderen Modellen deutlich günstiger an.
Wagen wir einen Erklärungsversuch. Die von Panerai verwendete Bronze besteht aus Kupfer und Zinn. Vielleicht sind ja die Rohstoffpreise explodiert? Doch wie die historischen Charts zeigen, ist das Gegenteil der Fall: Die Preise für Kupfer und Zinn in Schweizer Franken (in der Schweiz produziert Panerai) sind seit 2011 extrem gefallen.
Panerai selbst nennt keine Gründe für die exorbitante Preissteigerung. Im Pressetext heißt es: „HIER TRIFFT DER EIGENSTÄNDIGE CHARAKTER VON BRONZE AUF DAS BLAU DES MEERES."
Auf Playboy-Nachfrage erklärt die Marke: "Grundsätzlich wurde der Preis der diesjährigen Bronzo mit 14.000 € höher angesetzt im Vergleich zu den Modellen von 2011 und 2013, weil die Modelle so stark nachgefragt und eine hohe Wertsteigerung hatten."
Die Markenführung kommt bei den Fans nicht gut an. In den sozialen Netzwerken mischen sich Unverständnis, Galgenhumor und blanker Hohn. „Was ist mit Euch los?“, fragt etwa shameonwrist auf Instagram. Andere sprechen vom „Hublot-Syndrom“ (joaodantasjunior) oder mutmaßen „Das blaue Blatt muss aber sehr teuer sein“ (@montresdeluxe). Andere resignieren einfach: „Das ist der Grund, warum ich mit der Marke durch bin (@justirrelephant).
Bronzeuhren sind nach wie vor extrem gefragt. Die nächste Bronzo kommt bestimmt. Vermutlich mit blauem Blatt und Gangreserve. Vielleicht zu einem Preis zwischen 17.000 und 18.000 Euro, wie Paneristi vermuten.
Das könnte schon zu vorsichtig gedacht sein: Händler in den USA springen bereits auf den Zug auf. Sie bieten Vorbestellern die neue PAM 671 gleich mit einem weiteren, deftigen Aufpreis an. Die Uhr kratzt damit bereits Monate vor der Auslieferung an der 20.000 Euro-Marke.
Einen positiven Nebeneffekt hat die Preisexplosion: Die erste Bronzo dürfte auf absehbare Zeit noch wertvoller werden.
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