Die "Militare" ist eine sehr maskuline Uhr mit Ähnlichkeiten zu Panerai. So hat auch die Anonimo einen recht ungewöhlichen Schutzmechanismus über der Krone. Er ist bei 12 Uhr in den Armbandanstoß integriert. Man klappt den Bandanstoß nach oben und legt damit die Krone frei, um die Uhrzeit einzustellen. Aufziehen kann man die Uhr auch, wenn der Mechanismus geschlossen ist.
Die Ähnlichkeiten zur Kultmarke Panerai kommen nicht von ungefähr, schließlich wurde die Marke Anonimo (zu deutsch etwa "namenlos") im Jahr 1997 von ehemaligen Panerai-Mitarbeitern gegründet, als der Richemont-Konzern die italienische Firma schluckte.
Panerai hat im übrigen auch den neuen Bronze-Trend gesetzt. Seit Panerai 2001 die erste „Bronzo“ (PAM 382) auf den Markt brachte, ist ein regelrechter Kult um das aus der Schifffahrt bekannte Material entstanden. Zahlreiche Marken zogen nach und produzieren nunmehr Uhrengehäuse aus dem gelbbraun schimmernden Metall, das für seine typische Patina bekannt ist. Der Wert jener PAM 382 hat sich in wenigen Jahren bereits vervierfacht. Dies ist bei neuen Uhren ein absolutes Unicum. Nicht einmal die Rolex Daytona schaft derartige Wertzuwächse.
Wir haben nun die Anonimo "Militare" für einen besonderen Test ausgewählt. Es ist ein Bronze-Chronograph mit Sellita-Automatikwerk und Edelstahlboden. Das Zifferblatt ist schwarz gebürstet, auch hier schimmert ein Hauch Bronze durch. Sehr ansehnlich gemacht und gut verarbeitet. Preis: 4750 Euro.
Diese Uhr muss nun mehrere Wochen lang einiges mitmachen. Wir werden an dieser Stelle zeigen, wie sich das Gehäusematerial mit der Zeit verändert. Denn im Kontakt mit dem Sauerstoff der Luft korrodiert Bronze und verfärbt sich. Diese dunkle Patina schützt das darunterliegende Metall. Typisch für Bronze-Korrosion im fortgeschrittenen Stadium sind grüne Ausblühungen (Grünspan).
Unser Uhren-Mann Michael Görmann wird die Anonimo jeden Tag tragen und zu den verschiedensten Anlässen am Arm lassen. In der Sonne wie im Regen, beim Autowaschen und beim Grillen. Wenn er den freitäglichen "Fisch in Salzkruste" zubereitet ("Das ist immer eine Sauerei."), wird die Uhr dabei sein. Vielleicht wird Görmann beim Weißwurstfrühstück mal "aus Versehen" etwas Senf verschütten. Oder Zahnpasta. Kaffee. Rasierschaum. Wodka-Tonic. Ach, es gibt ja so herrlich viele Substanzen im Haushalt.
Wie wird sich das Metall verändern? Die verschiedenen, äußeren Einflüsse werden das Metall in jedem Fall altern lassen. Regelmäßig gibt’s an dieser Stelle aktuelle Fotos der Veränderungen. Los geht's!
TAG 1: Alles so schön neu hier
Die Anonimo ist nagelneu. Das Metall sei so genannte „Alumiumbronze“, sagt Anonimo. Diese Legierung bestehe nur zu 84 Prozent aus Kupfer und 11,5 Prozent Aluminium. Der Rest seien weitere Metalle wie Blei, Eisen, Mangan, Nickel, Zink und Zinn. Die Legierung wirkt wegen des hohen Aluminiumanteils etwas blasser, gelblicher und weniger "warm" als die übliche Bronze, wie sie im Schiffbau und beispielsweise von Panerai verwendet wird. Anonimo behauptet, dass diese Legierung beim Kontakt mit der Haut Vorteile biete. Panerai-Träger kennen das Problem an heißen Sommertagen: Dann drückt sich der große Kronenschutz an der rechten Gehäuseseite deutlich am verschwitzen Handgelenk ab und hinterlässt dunkelgrüne Spuren. Die Anonimo soll angeblich nicht abfärben. Wir werden sehen.
TAG 3: Schon die Ersten Veränderungen
Das Metall lebt: Regentropfen und Schweiß lassen die Bronze bereits jetzt etwas dunkler werden. Am Rand haben sich an beiden Seiten des Gehäuses deutliche, schwarze Spuren gebildet. Leider sind diese Verfärbungen etwas ungleichmäßig. Unter dem Start-/Stopp-Drücker sind schwarze Punkte zu erkennen. Das Metall wirkt insgesamt etwas stumpfer als zu Beginn.
Überraschenderweise ist ausgerechnet rund um den Edelstahl-Bodendeckel kaum eine Veränderung zu erkennen. Hier glänzt die Bronze fast wie am ersten Tag.
Ingesamt sieht das alles noch nicht besonders cool aus. Aber geben wir der Uhr einfach ihre Zeit.
Tag 7: Kaffeepause!
Die von Anionimo verwendete Bronze mit hohem Aluminiumanteil mag den Vorteil haben, dass sie auf der Haut weniger abfärbt, aber sie hat auch einen Nachteil: Sie braucht mehr Zeit, um eine ansprechende Patina zu entwickeln. Ganz offenbar trotzt sie dem Sauerstoff der Luft einfach etwas besser als die klassische "Schiffs-Bronze". Ich habe mich entschlossen, etwas nachzuhelfen. Mit Kaffee. Ich rechne mir keinen besonders großen Effekt aus, aber gespannt bin ich schon. Ob die Säure der Kaffeebohnen dem Material zusetzt?
Also die Uhr in den frisch durchgebrühten Kaffeesatz des Redaktionsfilters getunkt, und alles ordentlich einwirken lassen. Ein paar Stunden, dann ist die Uhr trocken, und ich kann das Kaffeepulver mit einem Pinsel wegbürsten. Der Effekt ist nicht riesig, aber reizvoll. Die Bronze ist tatsächlich etwas nachgedunkelt (mehr dazu ganz unten in der Bildergalerie).
Die Idee mit dem Kaffee ist nicht ungewöhnlich. Besitzer von Bronzeuhren kommen seit Jahren auf die seltsamsten Ideen, wenn es darum geht, ihrer Uhr eine coole Patina zu verpassen. Sie behandeln sie mit Senf und Säuren, sogar mit gekochten Eiern und natürlich auch mit Bronzebeize. Die wirkt am schnellsten, aber ist genau aus diesem Grund auch irgendwie langweilig. Hier ein paar Beispiele:
Bronzeuhr und hartgekochtes Ei vorher und nach 12 Stunden
Bronzeuhr und Bronzebeize
Und seht Euch diese coole Panerai Bronzo an, nachdem sie mit Salzwasser, Soda, Ketchup und Zitronensaft behandelt wurde (etwa ab Min 5:00 im Video)
Tag 12: Zeit für ein Kräuterbad
Ich probiere etwas Neues aus. Wie man im Video oben (Tag 7) sehen kann, lässt sich Bronze mit der entsprechenden Beize in wenigen Sekunden dunkel, fast schwarz, verfärben. Diese Art von Patina ist mir allerdings zuviel. Ich entscheide mich, es zunächst einmal mit Salzwasser zu probieren.
In der Redaktion haben wir leider nur Kräutersalz. „Meersalz mit 15 Prozent Kräutern und Gemüse. Aus kontrolliert biologischem Anbau.“ Das klingt doch vielversprechend. Und ein passendes Cocktailglas finde ich in der Redaktionsküche ebenfalls.
Ich rühre also eine gesättigte Kräutersalzlösung mit warmem Wasser an und tauche die Uhr hinein. Gab schon härtere Arbeitstage. Wie sich in den vergangenen zwei Wochen gezeigt hat, muss ich nicht einmal das Armband abnehmen. Es ist so hervorragend verarbeitet, dass es auf den Kaffee und auch auf die Salzlösung überhaupt nicht reagiert. Kompliment an den Hersteller. Solche Torturen macht nicht jedes Lederarmband klaglos mit. Aber selbst wenn das Leder reagieren würde – so what! Dem Used-Look der Uhr könnte es nicht schaden.
Etwa zwei Stunden lasse ich die Anonimo im Salzbad liegen. Danach wird sie in der Sonne luftgetrocknet und schließlich noch mit klarem Wasser abgespült.
Der Effekt kann sich sehen lassen. Der Bräunungsgrad der Bronze gefällt mir ausgesprochen gut. Aktuelle Fotos wie immer ganz unten in der Galerie.
Aber da geht sicher noch mehr. Das Experiment wird fortgeführt.
Tag 21: Die lange Nacht der Säuren
Die Patina ist mir noch zu gleichmäßig. Sie erinnert an die Verfärbung, die man mit Bronzebeize erzielt, nur heller. Was mir vorschwebt, ist jedoch eine ungleichmäßige, nicht ganz so dunkle Verfärbung. Das Gehäuse soll fleckig sein und von all den Strapazen erzählen, die die Uhr angeblich bereits durchgemacht hat. Auch wenn sie ja in Wahrheit nur ein paarmal warm gebadet wurde...
Die Bronzeuhr soll alt aussehen und eine möglichst abwechlsungsreiche Textur haben. Vom Leben gezeichnet, von jahrelangen, schlimmsten Torturen. Wie erreiche ich das? Vielleicht mit Messingbeize? Messing und Bronze sind ja sehr ähnliche Legierungen. „Mit dem Sammelbegriff Bronzen werden Legierungen mit mindestens 60 Prozent Kupfer bezeichnet, soweit sie nicht durch den Hauptlegierungszusatz Zink den Messingen zuzuordnen sind“, sagt Wikipedia. Meine Idee: Es könnte sein, dass Messingbeize die Bronze nur teilweise verfärbt. Genau das will ich.
Im Fachhandel für Goldschmiedebedarf besorge ich mir „Messing-Schwarzbeize“. Äußerst aggressives Zeug, also Handschuhe an. Mit einem Wattestäbchen bestreiche ich vorsichtig das Gehäuse, das ich auf eine umgedrehte Tasse gelegt habe. Zunächst tut sich nichts. Ich wische immer wieder feucht drüber. Dann, hoppla, startet der Tatort, und ich muss weg. Schnell noch überall kleine Fetzen aus Küchenpapier ans Gehäuse gepappt, die ich zuvor mit der Beize getränkt habe. Und abwarten.
Über Nacht lasse ich das Ganze einwirken. Einige der Fetzen sind schon trocken, als ich am nächsten Morgen nachsehe und das Papier entferne. Das Ergbenis: grandios! Genau so habe ich mir meine Uhr vorgestellt. Sie ist fleckig, und die Optik erinnert an eine Miltärtarnung. Bei 1 Uhr läuft ein dunkler Strick über die Lünette, so als sei das Metall hier gebrochen. Dabei war hier nur der Rand eines Papierfetzens. Dessen Kante hat beim Trocknen die schöne, schwarze Spur hinterlassen. Lässt sich nicht einfach so wegwischen. Perfekt!
An den Drückern und in den Rillen der Lünette hat sich Grünspan gebildet. Sehr cool. Aber das könnte beim Tragen abfärben. Wie bekomme ich den runter? Ganz einfach. Mit einer alten Zahnbürste ein paarmal drübergeschrubbt, und der Grünspan ist verschwunden.
Ziel erreicht!
Meine Uhr sieht nun genau so aus, wie es mir vorgestellt habe. Und wenn ich es mir irgendwann wieder anders überlegen sollte, lege ich sie einfach in Essig. Dann glänzt sie wieder wie am ersten Tag.
Hinweis: Wer seine Uhr starken Säuren aussetzt oder sie gar darin badet, muss damit rechnen, dass die Dichtungen möglicherweise leiden. Unsere Test-Anonimo ist zwar bis 120 Meter wasserdicht und hat alle Behandlungen ohne Schäden überstanden, aber für etwaige Schäden, die beim Nachmachen entstehen, können wir keine Haftung übernehmen.
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