Männer sind wunderbar. Und manchmal finden sie Dinge im Bett sehr viel wunderbarer als ich. Füße zum Beispiel. Meine haben einen sehr hohen Spann, was für mich vor allem bedeutet, dass ich schlecht in geschlossene Modelle reinkomme. Für ein Date war genau dieser Spann aber der Anlass für leuchtende Augen. Wir hatten bereits eine Nacht miteinander verbracht, bei der ich sehr auf meine Kosten gekommen war. Er hatte eine beeindruckende Fingertechnik, die mich mehrfach ins Nirwana schoss. So was macht mich großzügig. Also war ich auch gern bereit, ihm seine erotischen Sonderwünsche zu erfüllen. Er spendierte mir eine Luxuspediküre, bei der er zur Befremdung der thailändischen Kosmetikerin auch zusah, forderte pflaumenfarbenen Lack und überreichte mir, als wir wieder bei ihm waren, ein Paar durchsichtiger Latex-Highheels mit so halsbrecherischen Plateausohlen, dass klar war: Die gehören ins Bett und nicht auf den Boden.
Ich habe selten jemanden erlebt, der so abgeht. Und er blieb bei aller Ekstase der großzügige und sachkundige Vögler, als den ich ihn kennengelernt hatte. Dass er sich nach meinem Orgasmus begeistert einer Fußmassage hingab und an meinen Zehen lutschte, nahm ich gern noch mit. Ich bin zwar kitzlig und kann die erotischen Fußfreuden nicht teilen, aber Sex ist ja keine Bank, bei der man das rauskriegt, was man eingezahlt hat, sondern ein gegenseitiges Beschenken.
"Wenn ein Partner mir zuliebe anfängt, schmutzig zu reden, dann nehme ich das als Nettigkeit gern an, selbst wenn ich ahne, dass er das selbst eher lustig findet"
Wir trafen uns noch einige Male, und dass aus uns kein Paar wurde, hatte andere Gründe als die Wahl des Nagellacks. Obwohl seine Erektion erst dann so richtig hart und seine Augen so richtig glänzend wurden, als wir zum Fußteil kamen, gab er mir die ganze Zeit das Gefühl, dass es bei allem Fetischismus doch um mich ging. Wir vögelten miteinander, und diese Fußsache war ein Spiel zwischen uns. Das ist wohl das Geheimnis, wenn ein Fetischist auf jemanden trifft, der diese Vorliebe nicht teilt. Guter Sex heißt ja nicht, dass beide immer zur gleichen Zeit bei der gleichen Aktion gleich begeistert sind, sondern man bereitet sich gegenseitig Spaß. Ich zum Beispiel schätze es sehr, wenn es im Bett auch mal vulgär wird. Ein gut platziertes „Ich will dein heißes Fötzchen ficken“ macht mich oft mehr an als eine noch so fingerfertige Tantramassage. Wenn ein Partner mir zuliebe anfängt, schmutzig zu reden, dann nehme ich das als Nettigkeit gern an, selbst wenn ich ahne, dass er das selbst eher lustig findet.
Schwierig wird es dann, wenn es gar nicht mehr um den Menschen geht, wenn der Fetischismus mehr ist als eine Vorliebe, geradezu unabdingbare Voraussetzung für erotische Gefühle. Von einer Freundin weiß ich, dass ihr Mann sie nur vögelt, wenn sie dabei eine bestimmte Rüschenbluse trägt, die blütenweiß und perfekt gebügelt sein und nach Wäschestärke riechen muss. Irgendwann kam diese Bluse mal verfärbt aus der Maschine. Das Resultat: tagelanges vorwurfsvolles Schweigen, Sex-Entzug, Stress, bis sie irgendwo im Internet ein sehr ähnliches Blusenexemplar kaufte. Auch während sie Sex haben, kümmert er sich mehr um diesen Stoff als um sie. Sie sagte mal zu mir: „Er fickt diese Rüschen, ich bin nur der Kleiderständer.“
Dass da keine Intimität und Liebe aufkommen, ist ja irgendwie klar. Jeder von uns möchte um seiner selbst willen begehrt und geschätzt werden und nicht nur der Handlanger sein, der den vergötterten Gegenstand anreicht. Ein so stark ausgeprägter Fetisch zählt zu den Dingen in einer Beziehung, bei denen alle Verhandlungen, alle Kompromissbereitschaft und alles Entgegenkommen nichts nützen. Wer nur vögeln kann, wenn die schwarze Lackmaske eine Rolle spielt, braucht eine Partnerin, die es heiß macht, so eine zu tragen. Glücklicher- weise gibt es ja heute das Internet, wo man neben Katzenvideos, Pornos und Tortendekorationsanleitungen genau das findet. Für jeden Gargamel gibt es dort ein Schlumpfinchen. Ist das nicht eine gute Nachricht?
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