Es war ein Aufschrei der Empörung, weltweit. Zumindest im Internet. Tumblr ist nicht mehr nackt! Seit 17. Dezember 2018 verbietet die Plattform sämtliche NSFW-Inhalte. Dies verkündete Tumblr in seinen neuen Richtlinien. "Mit sofortiger Wirkung ist auf Tumblr jeglicher 'adult content' verboten", hieß es in einem Statement. Dazu zählen allerdings nicht nur Inhalte, die tatsächlich pornografisch sind, sondern es fallen unter dieses Verbot auch Fotos, Videos oder Gifs mit einem künstlerischen Anspruch. Bei Zuwiderhandlung wird der hochgeladene Inhalt gelöscht und der User erhält zunächst eine Verwarnung, bei Wiederholungstätern wird der Account dicht gemacht.
Die Geister, die sie riefen
Lange Zeit war Tumblr eine einzigartige Marke, insbesondere für körperbetontes Bildmaterial. So fand man zwischen coolen Mode-Blogs, Interior-Inspirations und schmalztriefenden "I´m so lonely"-Teenager-Gedichten auch jede Menge Nacktheit. Den Usern bot die Plattform zahlreiche Fotos, Gifs, aber kaum bis gar keine Video-Uploads, wie man das von anderen Seiten eben kennt. Erotisch ja, sehr erotisch ja - aber eben nur die Light-Version von "Hardcore". Nicht nur deshalb war Tumblr besonders für Millenials die erste Wahl, wenn es um NSFW ging. Ein bisschen Porno ist okay und solange im Browser-Verlauf Tumblr und nicht Pornhub steht, ist das auch gut mit dem Gewissen vereinbar, so wohl die kollektive Wahrnehmung der Tumblr-Bewohner. Doch damit ist jetzt Schluss.
Mit den neuen Richtlinien verlor die Plattform schlagartig ein Drittel seiner Nutzer. Schon im Januar 2019 verzeichnete das Portal laut Daten des Webanalyseanbieters SimilarWeb einen User-Downfall von 100 Millionen Aufrufen und damit einen Rückgang von 17 Prozent in nur einem Monat. Seitdem verliert Tumblr täglich an Höhe. Auf Twitter echauffierten sich Tausende über die neue Porno-Politik der Blogger-Plattform.
tumblr war immer roh, obszön, wild, schräg, verdrogt, voller kunst und kreativität. die gleichzeitigkeit von schönem und abstoßendem. eine flut aus abgründigem und oberflächlichkeiten. lust, fleisch, suff und scheiße. digitaler wahnsinn. you'll be sadly missed.
— Manuel Braun (@manumelm) 4. Dezember 2018
Ausschlaggebend für das Verbot war, dass der Algorithmus der Website nicht in der Lage war, Kinderpornografie zu erkennen und zu löschen. Das sorgte für den Missbrauch derartiger Inhalte auf der Blogging-Plattform. Als Folge distanzierte sich Apple 2018 von Tumblr und löschte die Anwendung aus dem App Store. Um sich stark von Kinderpornografie abzugrenzen und nicht noch mehr User zu verlieren, richtete Tumblr daraufhin neue Standards für Uploads ein - und wurde wieder in den App Store aufgenommen.
Meine #tumblr Timeline ab dem 17. Dezember so pic.twitter.com/57qcBL2geR
— Henrik (@toensberger) 4. Dezember 2018
Diese Inhalte dürfen nicht mehr gezeigt werden
Doch mit den neuen Richtlinien wurden nicht nur fragwürdige oder illegale Inhalte verbannt, sondern schlichtweg alles, was nur ansatzweise nackt oder anstößig sein könnte. Ausnahmen gibt es: Weiterhin erlaubt bleibt geschriebene Pornografie, erläutert Tumblr. Auch nackte Kunst sei in Ordnung, ebenso Nacktheit im Kontext von Demonstrationen oder nachrichtlich relevanten Ereignissen. Stillende Mütter sollen ebenfalls nicht zensiert werden.
Ob Tumblr nun eine ähnlich traurige Entwicklung durchmachen wird, wie einst Myspace, bleibt noch abzuwarten. Viele ehemalige Tumblr-User wenden sich derzeit Mastodon zu, ein Mikrobloggingdienst, der ähnlich wie Tumblr aufgebaut ist. Fest steht allerdings jetzt schon, dass sich Tumblr mit den neuen SFW-Richtlinien keinen Gefallen getan hat. Nicht nur, was den Traffic-Einbruch betrifft.
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