Verona im Frühling. Während junge Touristen unterm Balkon von Romeo und Giulietta von Romantik träumen, betrachtet der 73-jährige Milo Manara im Dachgeschoss seiner Wohnung mit kritischem Blick das Bild einer lasziven Nackten. Der Italiener hat mit seiner Comic-Kunst eine erotische Hochkultur etabliert, arbeitete mit Federico Fellini, zeichnete Chanel-Werbungen, Marvel-Heldinnen und Playboy-Cover.
Playboy: Signor Manara, Sie beschäftigen sich seit über 50 Jahren mit dem Thema Erotik. Was hat sich über die Zeit verändert?
Milo Manara: Als ich im Jahr 1968 anfing, war das Thema Erotik noch subversiv geladen. Diesen befreierischen Wert hat sie heute verloren. In unserer Gesellschaft ist es im Moment auch in anderen Bereichen so, dass es keinen kollektiven Geist mehr gibt, sondern jeder nur daran denkt, sich selbst zu retten. In den 68ern hat die Erotik zu mehr Freiheit beigetragen, heute haben die Männer riesige Probleme mit den neuen Freiheiten der Frau.
Was denken Sie über die aktuelle MeToo-Debatte?
Ich stehe voll dahinter. Es darf nicht sein, dass sich Frauen mit mächtigen Männern einlassen müssen, wenn sie Karriere machen wollen. Ich frage mich ernsthaft, wie ein Mann Interesse an einer Frau haben kann, die ihn nur we- gen eines Jobs gewähren lässt. Mit welcher Genugtuung? Das ist mir völlig unverständlich. Das, wogegen MeToo kämpft, ist genau das, was die Erotik zwischen zwei Menschen zerstört.
Welche Rolle haben Frauen in Ihrem Werk? Manche werden sagen: Sie sind Objekte.
Das schließe ich aus, das sind sie überhaupt nicht. Dann wären sie gar nicht verführerisch. Die Verführung gelingt nur, weil sie Personen sind. Ich orientiere mich an der Antike, wo Frauen aktive Rollen innehatten, die in der heutigen Gesellschaft oft undenkbar wären. Minerva etwa, die Kriegsgöttin, oder Diana, die Göttin der Jagd. Es hat einen gewaltigen Rückschritt gegeben: In den vergangenen Jahrhunderten wurde die Frau mehr oder weniger auf die Rolle der Hausfrau und Mutter reduziert. In meinem Werk unterliegt sie nicht den Entscheidungen anderer, sie ist immer die Hauptfigur.
Warum sind Ihre Frauen immer lasziv und sexy gezeichnet?
In erster Linie, weil es mir so gefällt und weil meine Karriere im Grunde damit angefangen hat. Erotische Malerei hat mich schon interessiert, als ich noch gar nicht professionell gearbeitet habe. In der Kunstschule waren in meiner Klasse 16 Mädchen und vier Jungs, ab der dritten bin ich als einziger Junge übrig geblieben.
Über ein Dutzend Mädchen aus gutem Hause, eine nackte Frau als Modell und ich im Zeichensaal – ich glaube, da hat mein Hang zur Erotik angefangen...
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