Früher Kindheitswunsch
Schon als Kind durchblätterte Laurent Benaïm die Kunstbände seines Vaters, der Bühnenbildner beim Fernsehen war. Benaïm war von den Aktbildern fasziniert. Er dachte sich: "Das will ich auch! Geld mit etwas verdienen, das mich voll und ganz erfüllt".
Nachdem Benaïm zunächst nur Frauen vor der Linse hatte, kam eines Tages ein Pärchen vorbei und wollte sich fotografieren lassen. Der Fotograf war begeistert von der Vielzahl der Möglichkeiten, die zwei Menschen ihm boten. Seine Arbeit sprach sich rum. Es kamen Freunde des Pärchens und wieder Freunde von Freunden.
Der Stein kam ins Rollen
Immer mehr Leute lebten ihre Sexualität vor ihm und seiner Kamera aus „mit immer außergewöhnlicheren, komplexeren und anspruchsvolleren Vorstellungen von Sex.“ Seine Modelle wurden immer vielseitiger: Alte, Invalide, Behinderte. Wie haben Menschen außerhalb der Norm Sex?
Abseits der Norm
Aber was ist überhaupt die Norm? Wenn es um Sex und Fetische geht, neigen wir dazu, zu verurteilen. Benaïm bringt es auf den Punkt: „Für jeden ist der Perverse stets der andere, nie man selbst.“ Für jemanden, der seiner Freundin den Hintern versohlt, ist jemand, der peitscht, pervers. Für den, der peitscht, ist der, der bloß mit der Hand schlägt, zu harmlos. Wir definieren die Norm, von uns selbst ausgehend.
Wie laufen die Shootings ab?
Es gibt ein Vorgespräch. Die Beteiligten berichten von ihren Fantasien, von ihren Vorlieben. Benaïm hört zu, wertet nicht. Er sieht sich selbst als eine Art Sexologe. Danach planen alle gemeinsam die Inszenierung. Er drängt seine Modelle in keine Rollen. Er passt die Rollen für sie an. Wenn er zusätzliche Statisten braucht, schaut er auch danach, dass deren Vorlieben harmonieren. Es herrscht sexuelle Demokratie. Entschieden wird gemeinsam.
Daseinsberechtigung
Sind seine Werke Kunst? Diese Frage überlässt Benaïm dem Betrachter. Klar, er möchte provozieren. Vor allem jene, die meinen, sie müssten anderen erzählen, wie sie zu leben haben. Denn für den Pariser Fotografen haben alle sexuellen Spielarten ihre Daseinsberichtung. Aus dem einfachen Grund, dass es sie gibt.
Sein Antrieb
Warum er das Ganze mache? Weil wir alle sexuell selbstbestimmte Wesen seien. Deshalb freut es ihn auch besonders, wenn Galeriebesucher seine Bilder betrachten, Fragen stellen und inspiriert nach Hause gehen.
Signierstunde
Haben Sie Lust auf Benaïm erotische Fotografie bekommen? Dann schauen Sie mal in den Bildband "Laurent Benaïm" von Dian Hanson (Taschen, 40 €). Am Donnerstag signiert der Künstler selbst die Bildbände im Taschen-Store in der Schlüterstraße 39 in Berlin, er wird von 18 bis 19 Uhr anwesend sein.
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