Ex-Porno-Star Lullu Gun: „Mir schmeckt Sperma nicht“

Credit: Chiara / LeePhotography

Was passiert eigentlich bei einem Porno-Dreh, wenn die Kamera gerade nicht läuft? Wenn es jemand weiß, dann sie: Sex-Star Lullu Gun. Im Interview redet sie mir uns über die Atmosphäre am Porno-Set, Sachen, vor denen selbst sie sich ekelt und gibt Einblicke in ihr Privatleben.

 

Seit 2014 ist Lullu Teil der Erotik-Branche – als Porno-Darstellerin, Webcam-Girl und in der Produktion. Zwei Auszeichnungen kann sie vorweisen: Einen „Venus Award“ als „Best Pornstar“ sowie einen „Fan Award“. Sie weiß also, wovon sie spricht.

Credit: Sarah Bleszinsky

Wie würdest du die Atmosphäre am Porno-Set beschreiben? Ist sie erotisch aufgeladen?

(lacht) Das stellen sich die meisten so vor! Aber ich muss leider sagen: Nein. Schließlich ist das immer noch ein Film-Set! Es ist nett, lustig – oft kennt man sich untereinander. Dadurch ist die Stimmung entspannt und locker, aber wirklich erotisch oder romantisch ist es nicht. Wir sind auch „Schauspieler“ und verkaufen mit der Szene oder dem Film eine Illusion beziehungsweise eine erotische Phantasie.

Am Set stehen immer Leute um dich herum, du bekommst ständig Anweisungen und so ein Dreh kann auch mal sechs bis acht Stunden dauern mit Story, Fotos und dem Sex-Teil. Fakt ist: Die DarstellerInnen kommen nicht ans Set und können einfach loslegen, wie sie wollen. Man muss außerdem bedenken, dass man sich nicht vorher aussuchen kann, wer dein Drehpartner oder deine Drehpartnerin ist. Das heißt, egal ob er oder sie dir gefällt oder nicht, die Szene muss gedreht werden!

Geht es während den Drehpausen trotzdem weiter mit Sex?

Das ist eher eine Ausnahme. Oft werden die Drehpausen – je nachdem wie kurz oder lang sie sind – zum Essen, Trinken oder zum Frischmachen genutzt. Sollte der Darsteller Schwierigkeiten haben und man versteht sich gut, dann kommt es mal vor, dass die Darstellerin dem Partner „hilft“. Ich habe immer versucht, meinen Drehpartnern am Set ein gutes Gefühl zu geben, blieb in seiner Nähe oder zeigte ihm etwas, das er mochte an mir. Das Team und die Darsteller, wir alle wollen eine schöne Szene drehen und am Ende sagen können: Ja, das war ein cooler, schöner Drehtag und wir haben was Geiles für unsere Fans gedreht.

Sind alle Orgasmen vorgetäuscht?

Haha, bei mir oder allgemein? Ich kann natürlich nicht für alle Frauen sprechen, denn da gibt es sicherlich Unterschiede. Bei den Männern ist nichts vorgetäuscht. Aber was mich persönlich betrifft: Ja, so gut wie alle meiner „Orgasmen“ sind vorgetäuscht! Außer, wenn ich damals mit meinem Partner gedreht habe. Er wusste natürlich, welche Knöpfe er drücken muss.

Gibt es Sachen, vor denen du dich ekelst?

Das erste, was dir klar sein sollte, wenn du mit dem Pornodrehen anfängst: Du solltest am besten keinen großen Ekel vor irgendwelchen Gerüchen oder Körperflüssigkeiten haben. Natürlich hat aber jeder seine Grenzen und entscheidet selbst, was man anbietet und macht vor der Kamera. Ich mache auch nicht alles! Ich ekel mich eigentlich vor nichts, was an meinen Sets passiert. Aber tatsächlich schlucke ich eher selten – mir schmeckt Sperma nicht.

Guckst du privat Pornos?

Nein, seitdem ich selbst für Pornos vor der Kamera stehe und weiß, wie es läuft, gucke ich privat keine Pornos mehr. Ich habe aber auch vor meiner Erotik-Zeit sehr selten welche geguckt. Heute ist es der eigene Clip, den man bearbeitet und irgendwo hochlädt und wenn du deine Szenen siehst, die du für andere Personen gedreht hast, sieht man diese eher technisch. Stimmt das Licht? Ist die Körperhaltung okay? Was könnte man anders machen, dass es noch besser aussieht?

So schaue ich mir meine Szenen an. Filme von anderen Darstellern gucke ich auf dieselbe Weise, da man selbst mit den meisten bereits vor der Kamera stand. Wenn ich die Person kenne, kann ich nicht geil werden beim Gucken.

Ist dein Sex privat anders?

Ich betreibe zumindest keine Akrobatik, wie sie in manchen Filmen in bestimmten Stellungen zu sehen ist. Klar, also privat stehen natürlich keine Leute drum herum und sagen dir, was du zu tun hast und wie lange. Privat achte ich auch nicht darauf, ob ich schön aussehe, sondern gebe mich der Situation hin und genieße. Das kann dann von zärtlich bis hart gehen.

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Bekommst du viele unmoralische Angebote in den sozialen Medien?

Ohhh, ich glaube, ich habe mehr Penis-Bilder bei Instagram bekommen, als ich eigene Erotik-Fotos von mir habe. (lacht) Es geht aber nicht nur uns Erotik-Mädels so, sondern auch vielen anderen Frauen. Leider vergessen viele Männer ihren Anstand im Internet. Egal, ob Darstellerin oder nicht: Man sollte jeden mit Respekt behandeln – auch im Internet. Und keine Frau möchte plump – oder mit Penis-Fotos angemacht werden.

Was können Männer von Pornos lernen?

Bitte nichts! Jeder sollte seine eigenen, realen Erfahrungen machen. Denn ein Porno ist nicht „echt“. Ein Porno ist geplant und besprochen. Jede Person hat andere Phantasien und Vorlieben. Also Männer: Ihr braucht euch nicht als Handwerker verkleiden, um ein Rohr zu verlegen.

Was sollten sie sich auf keinen Fall abschauen?

Ich denke, einiges habe ich schon beantwortet. Aber zwei Dinge sind besonders wichtig! Erstens: Gummi benutzen! In Pornos wird meistens ohne gedreht. Wir werden regelmäßig getestet, ohne aktuelle Volltests wird nicht gedreht! Zweitens: Nicht gleich auf „hart“ machen, wie im Porno. Wir Darstellerinnen und Darsteller wissen, was wir da tun. Alles ist untereinander abgesprochen und sieht eh oft härter aus, als es ist. Deshalb: Entweder vorher mit der Dame reden oder sich herantasten.

Credit: Chiara / LeePhotography

Worauf stehst du bei Männern?

Ein gesundes Selbstbewusstsein, gepflegtes Aussehen – und es muss einfach passen. Man sollte über alles reden können! Der Mann muss mich mögen, wie ich bin. Wenn man mich aushält, ist das schon viel (lacht).

 

 

 

Du drehst aktuell keine Pornos mehr. Warum?

Vor eineinhalb Jahren ist bei mir viel privat passiert. Das Schlimmste war, meine Mama nach einem langen Kampf gegen den Krebs zu verlieren, ohne mich verabschieden zu können. Ich musste mir in den letzten Monaten viele Gedanken machen und mir eingestehen, dass ich seitdem nicht mehr richtig zurechtkomme. Ich habe mir keine Zeit genommen, um meine Trauer zu verarbeiten. Nach zwei Wochen bin ich wieder unterwegs gewesen – an Sets und Messen, habe meinen Job gemacht. Ich bin dadurch letztes Jahr an meine Grenzen gestoßen, körperlich wie psychisch.

Jetzt nehme ich mir die Zeit, das alles zu verarbeiten und mein Leben neu zu sortieren. Diese ganze Zeit hat mich sehr verändert und bis heute führe ich noch einen Kampf in mir zwischen Schuld und Trauer. Dadurch habe ich aber auch gemerkt, was ich für mich persönlich schon alles in der Branche erreicht habe. Ich durfte für alle große Firmen und Produzenten arbeiten, war viel auf Reisen und habe Preise gewonnen. Ich denke also, dass es ein guter Abschluss ist, um aufzuhören und sich neuen Projekten zu widmen.

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