Marc Lagrange wurde 1957 in Kinshasa, Kongo, geboren. Erst im Ingenieurwesen tätig, fand Lagrange zur Fotografie – und entwickelte eine ganz besondere Art, seine Modelle abzulichten. Der Belgier bevorzugte analoge gegenüber digitaler Fotografie und lichtete stets Intimität und Emotionen ab, anstatt sich mit künstlichen Effekten zu beschäftigen. Seine weltweit ausgestellten riesigen Polaroid-Fotos sind ein eindrucksvolles Beispiel für sein Handwerk und seine Liebe zum Detail: Er konnte die Textur der Haut darstellen, natürliche Kurven hervorheben und seine Models in zartes Licht setzen.
Lagrange arbeitete so lange an einem Set, bis er genau die Stimmung fand, die er vermitteln wollte – von der Farbe der Wände bis zur Form eines Stuhls zählte jedes einzelne Detail und unterstrich seinen perfektionistischen Stil und seine Kunst, durch Bilder Geschichten zu erzählen. Aus dem Vermächtnis des 2015 verstorbenen Fotografen entstand nun kürzlich der erotische Bildband „Chocolate“. Der Name stammt von Lagranges geliebtem Polaroidfilm „100 Chocolate“. Im Buch wird eine intime Auswahl seiner unveröffentlichten Polaroids gezeigt und lässt erahnen, weshalb man den Belgier als Meister der Darstellung von berauschender Schönheit und zeitloser Eleganz sah.
Lagrange hat sich mit opulenten und zeitlosen Szenerien einen Namen gemacht. In seiner Welt spielten Sinnlichkeit und Verführung die Hauptrollen. Als er Anfang der 90er-Jahre begann, mit Polaroidfilm zu arbeiten, gewannen seine Aktaufnahmen an Intensität und Tiefe. So hat sich der Belgier in kürzester Zeit einen Namen gemacht: als einer der originellsten und talentiertesten Porträt- und Aktfotografen weltweit. In der Fotografie berühmt wurde auch seine Aussage: "Fotos werden von Fotografen gemacht, nicht von Kameras." Sinnbildlich für Lagranges Art und Weise zu fotografieren.
Besonders angetan hat es ihm seit damals ebenjener seltene Polaroid 100 Chocolate – einer der letzten noch produzierten Filme, bevor die Werktore von Polaroid im Jahr 2009 geschlossen wurden. Polaroid-Abzüge dienten in der anfänglichen Analogfotografie erst nur einem kurzen Lichtcheck: In 30 Sekunden konnten die Fotografen feststellen, ob Änderungen an Beleuchtung, Makeup oder Kleidung erforderlich waren.
Lagrange sah in diesen Vorabbildern allerdings ein viel größeres Potenzial und fotografierte folglich ganze Szenen damit. Die Schatten auf den Fotos färbten sich schokoladenbraun, das Highlight erschien cremig, wodurch das fertige Bild ideal zu Lagranges Schwarz-Weiß-Ästhetik passte. Seine Polaroids zeichneten sich seither durch eine wohlüberlegte Spontanität und Frische aus und zählen bis heute zu den einzigartigsten Werken der Aktfotografie.
Im Laufe seiner Karriere fotografierte der Belgier gerne die gleichen Frauen über verschiedene Zeiträume hinweg und machte sie zu seinen Musen. Das Vertrauen, das sich so im Laufe der Jahre entwickelte, ist in der Fotografie eher selten – Personen, die vor Lagranges Linse posierten, traten stets spontan auf und enthüllen mehr über sich selbst, als sie vielleicht beabsichtigt hatten. Eine Sache, die Lagrange stets respektierte, war das Geheimnis und die Macht der Frauen: Seine Models sollten freiwillig nackt sein, selbstbewusst und selbstbestimmt. So machte er sie zu Protagonistinnen seiner Bildgeschichten, anstatt zu passiven Figuren.
Eine Auswahl überwiegend unveröffentlichter Fotografien aus Marc Lagranges Nachlass, aufgenommen mit dem seltenen Polaroid-100-Chocolate-Film, ist nun im Bildband "Chocolate" auf 160 Seiten zu sehen. 50 Euro, teNeues. Bei teNeues erschienen sind außerdem die Lagrange-Bestseller Diamonds & Pearls und Senza Parole.
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