Aus dem Tagebuch eines Escort Girls

Credit: Playboy Deutschland

Magdalena Nirva hat für Geld Sex mit Männern. Für sehr viel Geld. Aber sie hat auch: Freude an ihrem Beruf, echte Orgasmen – und eine enorme Sammlung sexueller Anekdoten. Die hat sie nun in einem lustvollen Buch aufgeschrieben

Irgendwann erlebt ihn jede Prostituierte. Den Moment, in dem ein Freier nicht mehr Kunde sein möchte, sondern mehr. Bei Magdalena Nirva heißt dieser Freier Christian. Jedenfalls nennt sie ihn so: „Er ist die ganze Nacht sehr zärtlich zu mir. Er küsst meine Füße, meine Hände und streichelt mein Gesicht. Er schaut mich aufmerksam an. Dann sagt Christian: ‚Du bist so wunderschön. Eine Prinzessin. Warum machst du diesen Job? Der macht dich doch kaputt.‘“

„Ich habe ihm gesagt: ‚Nein, ich kann nicht deine Freundin werden, und außerdem: Mir geht es gut‘“, erzählt die Frau mit den sehr langen blonden Haaren, die ihren Körper umhüllen und durch die ihre Finger immer wieder wandern, während sie erzählt. Nicht unsicher, sie strahlt vielmehr großes Selbstbewusstsein und innere Ruhe aus. Sie weiß, was sie sagt und tut und auf welche Weise. Ihre Hände sind feingliedrig und gepflegt. Wenn sie ihr Gegenüber damit beiläufig am Arm berührt, schafft das unmittelbar eine angenehme Vertrautheit, die nie aufdringlich wirkt.

"Plötzlich spritzt er, ohne dass ich ihn stimuliert hätte"

Magdalena Nirva, Anfang 30, ist ein Berliner Escort-Girl. Und gehört damit zum privilegierten Kreis der schätzungsweise 10.000 Prostituierten der Hauptstadt. Keine Akkordarbeit im Bordell, keine mechanischen Blow-Jobs, um die Sozialwohnungsmiete aufzubringen.

Ihre Kunden sind oft wohlhabende, spendable Geschäftsmänner mit respektvollen Umgangsformen. Die mehr als 1000 Euro ausgeben, damit eine Frau sie in ein Restaurant und später zum Sex ins Hotel begleitet. Wie Christian, der allerdings darauf besteht, „Violetta“ (wie sich Magdalena an diesem Abend nennt) gleich in seiner Luxussuite zu empfangen – mit Zimmerservice, Champagner, Kerzen und eingelassenem Badewasser.

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„Wir sind zusammen in der Wanne. Ich sitze, er steht hinter mir. Achtsam und zärtlich wäscht er mir die Haare. Auch meinen Körper seift er duftend ein. Wie eine Mama bei ihrem Kind. Allerdings sieht es wohl eher so aus, als ob das Kind seine Mama badet. Die ganze Zeit hat er eine Erektion, ich spüre es an meinem Rücken.

Plötzlich kommt er. Er spritzt ab, ohne dass ich ihn stimuliert hätte.“ Christian ist der Chef einer Firma mit mehreren Hundert Mitarbeitern, Millionenumsätzen, aber er ist körperlich sehr klein gewachsen. „Wenn er mit mir zum Dinner schreiten würde“, sagt Magdalena, „wüsste jeder sofort: Diese Frau hat er bezahlt.“

"Bulgarin klingt für viele nach Bettlerin"

Die gebürtige Bulgarin, die inzwischen in Berlin-Schöneberg lebt, hat diese Geschichte in ihrem Buch „Magdalena 24h“ verarbeitet. Neben vielen anderen skurrilen, überraschenden, berührenden Erlebnissen. Bemerkenswert daran: Das selbst publizierte Werk zählt weder zu den üblichen Reports übers Milieu, sozial und ethisch ausgewogen, noch folgt es dem voyeuristischen Rotlicht-Blick wie andere aktuelle Bücher zum Thema.

Hier beschreibt eine Frau packend und humorvoll ihr Leben, das sie sich mithilfe käuflicher Liebe aufgebaut hat, ohne ihre Selbstachtung zu verlieren. Und schon gar nicht ihre Lust am Sex.

Bei rund 80 Prozent ihrer Kunden, sagt Magdalena, empfinde sie selbst nichts. Ihren Job erfülle sie mit einer ähnlichen Professionalität wie eine Schauspielerin. Die bevorzugte Rolle: engelsgleicher Augenaufschlag aus blauen Augen, unterstrichen mit einem warmen, zarten Tonfall, der zwischen osteuropäischem und französischem Akzent wechseln kann: „Oft gebe ich mich als Russin aus. Denn Bulgarin klingt für viele nach Bettlerin.“

Ein Kunde habe ihr mal das Kompliment gemacht, sie sehe aus wie die junge Sophie Marceau. Das habe ihr sehr geschmeichelt. Überhaupt: Unter den 20 Prozent der äußerst angenehmen Kunden seien Männer, die ihr auch privat gefallen würden. Bei denen sie ihren Höhepunkt genieße, am liebsten, wenn ein Mann es verstehe, sie oral zu befriedigen.

"Dieses Exemplar, so lang wie mein Oberarm, sprengte alles"

„Er packte zu, drehte mich auf den Rücken. Seine Lippen erkundeten küssend meinen Körper. Ich spürte, wie er meine schon harten Nippel mit der Zunge umkreiste, an ihnen saugte. Ein leises Stöhnen verließ meine Kehle. Er wanderte weiter hinab zur Venuszone. Ich war nass und erwartete seine Ankunft. Endlich schob er meine schon geschwollenen Schamlippen auseinander und drang mit der Zunge in mich ein. Er umkreiste und rieb sie an meiner Klitoris. Mal zart, mal kräftig. Mal langsam mit der ganzen Fläche, mal nur mit der Spitze, flink wie der Flügelschlag eines Kolibris beim Nektarsammeln. Er konnte es.“

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Die Bedeutung der Penisgröße? Auch zu diesem Klassiker des enthemmten Männer-Talks kann Magdalena ein Erlebnis beisteuern, aus ihrer Anfangszeit, noch in ihrer Heimat. Schauplatz: ein 5-Sterne-Hotel an der bulgarischen Schwarzmeerküste. Ein Popstar aus den USA entspannt dort mit seinem Tross nach einem Gastspiel.

Und der Mann mit der kräftigen 2-Meter-Statur und den Afrolocken zahlt ausgesprochen großzügig: „Was mag er dafür von mir verlangen? Ich war nervös, beschloss aber, cool zu bleiben. Er orderte mich ins Bad, übergab mir eine große Tube Vaseline und sagte nur: ‚Das solltest du benutzen.‘ Ich fürchtete schon um meine Muschi, sicherheitshalber taxierte ich den Fluchtweg.

Er sah mich dann kurz über das Spiegelbild an und holte seinen schon steifen Schwanz heraus. Ich hatte schon einige gesehen, aber dieses Exemplar, so lang wie mein Oberarm, sprengte alles. Hätte ich ihn blasen sollen, hätte ich ihn nicht in meinem Mund bekommen. So wie es aussah, konnte Mr Superstar nie richtigen Verkehr haben.

Mit ein paar kleinen Gesten bedeutete er mir, was jetzt meine Aufgabe war. Er wollte, dass ich mit der Vaseline seine Eichel eincreme und massiere. Ich musste beide Hände nehmen.“

Tagsüber Aushilfslehrerin, nachts Escort-Girl

„Die Kopfmassage dauerte gerade mal zwei Minuten“, erinnert sich Magdalena lächelnd, „die gewaltige Samenmenge, die dann ins Waschbecken schoss, kam mir vor, als wenn man im Sommer mit einem Gartenschlauch die Blumen wässert.“

Die junge Frau ist zu dieser Zeit Literaturstudentin, die ihren kleinen Sohn alleine großzieht, ihre Mutter versorgt und als Aushilfslehrerin arbeitet. Das Geld ist knapp. Ein Mann namens Eagle wird ihr Freund. Dieser hatte eine Zeit lang in Wien gearbeitet, auch als Callboy.

Eagle schwärmt von den Möglichkeiten in der österreichischen Hauptstadt mit ihren internationalen Kongressen. Man könne zusammen gutes Geld verdienen, lockt er sie. Magdalena ist aufgeschlossen, zögert aber, die Kleinstadt zu verlassen, in der sie wohnt. Sie möchte außerdem ihr Studium beenden.

Magdalena testet einige Zeit ein Doppelleben aus. Tagsüber unterrichtet sie, abends bringt Eagle – als Chauffeur und Zuhälter, Freund und Liebhaber – sie in die Hotels, vornehmlich in die zwei Stunden entfernte Stadt Plovdiv.

Was ihr vor allem gefällt: Sie ist es, die sich in der Bar die Männer auswählt. Und die entscheidet, welche Extras sie anbietet und welche sie ablehnt, etwa Analverkehr oder Natursekt. Und: „Ich verdiente jetzt an einem Tag mehr als mit meinem Job als Lehrerin im ganzen Monat.“

Einmal drückt ihr ein Kunde eine Pistole an die Schläfe

Das Paar geht dann für einige Monate nach Wien und baut sich schließlich in Berlin eine Existenz auf. Zwar verfügt Magdalena zu diesem Zeitpunkt über reichlich Know-how und hat auch ihre Sprachgewandtheit weiter verfeinert. Doch Berlin ist ein hart umkämpftes Pflaster mit vielen Sexarbeiterinnen aus Osteuropa, viele von ihnen sind brutalen Clans ausgeliefert.

Um Fuß zu fassen, beginnt Magdalena in einem Bordell zu arbeiten, während sie auf Abruf für Escort-Dienste zur Verfügung steht. Auch wenn sie nun einige negative Erfahrungen macht: Sie bleibt unabhängig, und ihr Freund Eagle ist eine wichtige Stütze.

Einmal hat sie sogar Todesangst. In einer Wohnung drückt ihr ein Kunde eine Pistole an die Schläfe: „Er sagte: ‚Gib mir mein Geld zurück.‘ Und nur deshalb, weil ich zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit ins Bad gegangen bin. Er wollte einfach Ärger machen.“ Unter einem Vorwand benachrichtigt sie den vor der Tür wartenden Eagle, der sie aus der gefährlichen Lage herausholt.

Ein Heiratsantrag: "Er tanzte nackt und schmiss Geldscheine in die Höhe"

Magdalena Nirvas Buch schildert den Alltag von Prostituierten sehr direkt. Im Gegensatz zu Frauen, die sie im Bordell kennengelernt hat, sei sie jedoch „nicht abgestumpft“, versichert Nirva. Vielmehr sei sie den unterschiedlichsten Männern begegnet: vom verklemmten Sohn aus reichem Hause, der sie nicht zum Sex, sondern für die Abendessen mit seinen Eltern orderte, bis zum Unternehmer, der sie in seiner illegalen Marihuana-Plantage empfängt. Und auch einem Mann, der das Mädchen mit den wunderschönen Haaren retten möchte.

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Sein sehr seltsamer Heiratsantrag: „Er tanzte nackt vor mir und schmiss immer wieder Geldscheine wie Laub in die Höhe. Dabei wackelte er mit seinen Hüften und sang: ‚Ich habe Geld, ich bin ein König!‘“ Irgendwann habe sie gedacht: „Diese Geschichten möchte ich festhalten.“ Sie liebt Sprache, und ihre gepflegte Selbstironie als Autorin zeigt, dass sie zu den Erlebnissen eine gesunde Distanz hat.

„Ich küsse gern und bekomme einen Orgasmus"

Heute führt Magdalena ein abgesichertes bürgerliches Leben, mit längeren Pausen vom Anschaffen, und sie trifft nur noch gelegentlich ausgewählte Escort-Kunden. Dabei gehe es ihr ganz anders als den meisten Mädchen in Bordellen. Viele hätten eine „kaputte Seele“, sagt sie. „Ich küsse gern und bekomme einen Orgasmus. Es gibt Konversation, und ich habe Energie sowie meinen Spaß.“

Mit einem Prinzip hat Magdalena Nirva jedoch gebrochen: Ihr Lebensgefährte ist ein langjähriger Kunde von ihr.