„Es ist der strategisch sinnvollste und logische Zeitpunkt“, sagt Karl-Heinz Rummenigge. „Wir schreiben das Ende des Geschäftsjahres, zugleich beginnt ein neuer Abschnitt mit einem neuen Trainergespann. Die neue Spielzeit sollte von Beginn an von Oliver Kahn als neuem CEO verantwortet werden - auch im Sinne der handelnden Personen und damit im Sinne der Zukunft des FC Bayern. Ich habe bereits vor zwei Jahren gesagt, dass wir einen umsichtigen Übergang planen, und der wird jetzt endgültig vollzogen. So soll es sein.“
So wird der Bayernboss in der offiziellen Pressemitteilung des FC Bayern zitiert. Der Abschied war schon lange angekündigt, war aber ursprünglich für das Ende des Jahres vorgesehen. Nun wird Nachfolger und Ex-Welttorhüter Oliver Kahn übernehmen. Das Geschäftsjahr des FC Bayern beginnt am 1. Juli, ab da übernimmt der „Titan“ offiziell die Geschicke des Vereins.
Rummenigge hatte den FC Bayern über Jahrzehnte geprägt, erst für zehn Jahre als Spieler, dann ab 1991 im Management. „Es ist ein Abschied mit Zufriedenheit und Stolz, ich darf einen sportlich, wirtschaftlich und strukturell vollständig intakten Club übergeben. Das war mir wichtig“, so Rummenigge im offiziellen Statement.
Die Wirtschaftlichkeit und das gern zitierte „Festgeldkonto“ ist eng mit der Person Karl-Heinz Rummenigge verbunden. Als es dem Verein Mitte der 80er finanziell schlecht geht, muss der Jung-Manager Uli Hoeneß, damals gerade einmal Anfang 30, seinen ehemaligen Mitspieler verkaufen. Für eine Summe von rund 10 Millionen Mark wechselt „Kalle“ zu Inter Mailand. Die Summe galt damals als zweithöchster Transfer der Fußballgeschichte. Nur Diego Maradona, der im selben Jahr vom FC Barcelona nach Neapel wechselt, ist mit 24 Millionen Mark teurer als Rummenigge.
Das Geld aus dem Transfer rettet den damals verschuldeten Verein vor der Pleite, es ist der Beginn des jahrzehntelangen Siegeszuges, den Hoeneß und ab 1991 auch Karl-Heinz Rummenigge von der Säbener Straße aus leiteten. Der Prozess, den FC Bayern zum Weltverein aufzubauen, ist spätestens mit Rummenigges Abschied abgeschlossen.
„Das wird nie einer.“
Dass sein Wechsel den Beginn einer Weltkarriere markieren würde, war alles andere als selbstverständlich. Vor allem Franz Beckenbauer beäugte den damals 18-jährigen Lipstädter kritisch. „Das wird nie einer,“ so sein Kommentar, als Rummenigge 1974 seine Bankkaufmannlehre abbrach, um zum FC Bayern zu wechseln. Dass der „Kaiser“ sich irrte, das bewies Rummenigge schnell: Unter den Trainern Udo Lattek und später Dettmar Kramer wächst der Stürmer bald zum Leistungsträger heran.
In seinen zehn Jahren beim FC Bayern gewinnt Rummenigge alles, was es auf Vereinsebene zu gewinnen gibt. Unter anderem holt er mit den Bayern 1975 und 1976 den Europapokal der Landesmeister, außerdem wird er dreimal Torschützenkönig der Bundesliga. Mit 162 Toren in 310 Bundesligaspielen steht er hinter Gerd Müller und Robert Lewandowski auf Platz drei der ewigen Torschützenliste des Vereins. Auch in der Nationalmannschaft feierte Rummenigge große Erfolge, zweimal wird er Vize-Weltmeister, 1980 Europameister. Das britische Musiker-Duo "Alan & Denise" widmeten Rummenigge und dessen "sexy knees" 1983 gar einen eigenen Song.
Die zweite und nicht minder erfolgreiche Karriere startet Rummenigge dann 1991 ausgerechnet zusammen mit dem Mann, der ihn damals noch jegliche Fähigkeiten absprach: Franz Beckenbauer. 1991 werden beide als Vizepräsidenten im Vorstand des FC Bayern integriert. Ab da bildet Rummenigge zusammen mit Uli Hoeneß das Erfolgsduo der Münchner. Während Hoeneß gerne austeilt und den Titel „Abteilung Attacke“ erhielt, erschien Rummenigge oft sachlicher, wirkt auf viele Fans aber auch kühler als der emotionale Hoeneß. 2002, als die Fußballabteilung des FC Bayern zur AG umgewandelt wird, bekleidet Rummennigge das Amt des Vorstandsvorsitzenden.
Auch diese Ära, die nun am 30. Juni endet, ist geprägt von unzähligen sportlichen wie wirtschaftlichen Erfolgen. Es sind große Fußstapfen, die Rummenigge hinterlässt. So groß, dass es gar einen "Titan" braucht: Ab 1. Juli heißt der neue Bayern-Boss Oliver Kahn.
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