"Was Männer wollen"-Schauspielerin Taraji P. Henson im Interview

Credit: Micaiah Carter

Als Hauptfigur der Kino-Komödie „Was Männer wollen“ hört Taraji P. Henson die Gedanken aller Kerle. Der ganzen wie der halben. Uns erzählt sie, was sie dabei gelernt hat

Mrs. Henson, würden Sie auch in Wirklichkeit gern Männern beim Denken zuhören können?

Auf keinen Fall. Mir schwirrt schon genug anderer Scheiß im Kopf herum. Wenn Männer einfach sagen würden, was Sache ist, bräuchten wir kein Voodoo. Was wir wirklich brauchen, ist mehr Kommunikation. Sobald man miteinander redet, merkt man nämlich, dass Männer und Frauen dieselben verdammten Dinge wollen: jemanden, dem wir vertrauen können und bei dem wir uns sicher fühlen. Das will jeder Mensch. Es ist wirklich nicht kompliziert. Der Film geht von der Annahme aus, dass Männer denken, sie wüssten alles über Frauen, aber eigentlich keine Ahnung haben.

Taraji P. Henson: ""Männer reden weniger als Frauen. Ihnen gehen irgendwann die Worte aus.
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Was wissen wir nicht über Frauen, das wir dringend wissen sollten?

Frauen sind nicht prinzipiell besonders emotional, sondern es wird provoziert. Und nur weil ich emotional bin, bin ich noch lange nicht verrückt. Männer müssen sich eingestehen, dass sie daran gehörigen Anteil haben. Ihr solltet eurer Frau zuhören, zuhören, zuhören! Das gilt andersherum genauso: Wenn mein Mann mich wahnsinnig macht, versuche ich zu sehen, was ich dazu beigetragen habe. Um eine Beziehung zu führen, muss man erwachsen sein. Es gibt kein „Ich liebe dich, solange du tust, was ich möchte“. Liebe ist: „Ich liebe dich, auch wenn du fällst. Ich liebe dich, auch wenn ich dich hasse. Du kotzt mich an, aber ich habe trotzdem für dich gekocht, weil ich dich liebe.“

Ab dem 14.3. ist Taraji P. Henson in „Was Männer wollen“ im Kino zu sehen: als Sport-Agentin, die sich in einer fast vollkommen von Männern dominierten Berufswelt durchsetzt – dank übernatürlicher Fähigkeiten.
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Diesen Sommer werden Sie heiraten (den Ex-Football-Spieler Kelvin Hayden). Sind Sie bereit?

Ich arbeite daran. In unseren Therapiesitzungen habe ich gerade herausgefunden, dass Männer weniger reden als Frauen. Das wusste ich nicht. Ihnen gehen irgendwann die Worte aus. Wir Frauen wollen über alles reden. Uns fehlen nie die Worte, wir sind die Kommunikatoren. Kelvin denkt, er sei ein Comedian, und jedes Mal, wenn wir uns streiten und ich darüber reden will, sieht er mich an und sagt: „Baby, mir fehlen die Worte.“ Er macht Spaß, aber ich beginne zu akzeptieren, dass es so ist.

Apropos einander zuhören: In Ihrem nächsten Film „The Best of Enemies“ (US-Kinostart: 5. April, deutscher Kinostart noch nicht terminiert) spielen Sie die Bürgerrechtlerin Ann Atwater, die eine ungewöhnliche Freundschaft mit Ku-Klux-Klan-Anführer C. P. Ellis aufbaut. Reizt dieser Film dazu, eigene Grenzen zu überdenken?

Das tue ich immer durch meine Kunst. Deshalb ist dieser Film so wichtig. Er ist viel effektiver, als ich allein in einem Interview es sein könnte. Er holt den großen alten Spiegel raus und sagt: „Hey Amerika, sieh dich mal an.“ Obwohl Atwater auf der richtigen Seite der Geschichte stand, war sie genauso intolerant wie dieser Mann. Beide waren radikal. Sie mussten sich gegenübersitzen, einander in die Augen schauen und sich selbst dadurch sehen. Das müssen wir alle. Wir müssen den Leuten, mit denen wir uneins sind, in die Augen gucken und sagen: „Du bist nicht besser als ich. Wir sind gleich.“ Sie sind in einer rauen Gegend von Washington D. C. aufgewachsen.

Männer-Versteherin: Das deutsche Publikum kennt die 48-jährige Schauspielerin unter anderem aus der TV-Serie „Empire“, in deren weiblicher Hauptrolle sie sich eine Golden-Globe-Auszeichnung erspielte.
Credit: Micaiah Carter

Haben Sie sich je unsicher gefühlt, oder haben Ihre Eltern Sie davor bewahrt?

Man gewöhnt sich an eine Umgebung, wenn man überleben will. Meine Mutter wurde zweimal überfallen, und ich war beide Male dabei. Einmal mit sechs und einmal mit sieben. Ich bin mir sicher, sie hatte panische Angst. Ich war definitiv traumatisiert. Aber ihre Stärke hat mir genug Sicherheit gegeben, um das Haus wieder ohne Angst verlassen zu können. Sie ließ mir auch gar keine andere Wahl. Am nächsten Tag weckte sie mich und sagte: „Komm schon. Zeit für die Schule.“ Ich konnte es nicht fassen. Da war sie, machte sich fertig für die Arbeit. Deckte ihr blaues Auge mit Make-up ab und kämmte ihre Haare über die kahle Stelle, an der ihr der Typ ein Büschel ausgerissen hatte. Das ist Stärke. Das brachte sie mir bei.

Haben die Verhältnisse damals Sie street smart gemacht?

Nicht wirklich. Nicht jeder aus der Hood weiß, was abgeht. Ich kenne ein paar dumme Motherfucker aus der Hood (lacht). Was mich clever gemacht hat, war, da rauszukommen. Jedes Wochenende hat mich meine Mutter zu meiner Cousine Kim in eine überwiegend weiße Nachbarschaft in der Vorstadt gebracht. Das hat meinen Horizont erweitert. Man hätte mich überall absetzen können, und ich wäre mit jedem klargekommen. Deswegen sage ich Kindern immer: „Verlasst eure Nachbarschaft.“ Bildung ist, andere Menschen und andere Kulturen kennenzulernen.

Interview: Eric Spitznagel

Übersetzung: Vivian Harris