München ist Heimat. Das sagt Mats Hummels, der zwar in Bergisch Gladbach zur Welt kam, aber 13 Jahre in der Jugend des FC Bayern gespielt hat. Zum Nationalspieler reifte der 28-Jährige dann allerdings erst in Dortmund. Im letzten Sommer ist er heimgekehrt und für etwa 38 Millionen Euro zurück zu den Bayern gewechselt – als teuerster Bundesliga-Transfer der Geschichte. Neben seinen starken Leistungen im neuen Dress gibt er sich im Interview clever und gewitzt. Wenn es heute um den Einzug in die Vorschlussrunde der Königsklasse geht, fällt er wegen einer Spunggelenksblessur aus. Ein Spezialschuh soll seine Rückkehr auf den Rasen beschleunigen.
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Playboy: Sie waren beim BVB Kapitän und unumstrittene Führungsfigur. Müssen Sie sich beim FCB jetzt wieder unterordnen?
Hummels: Ich habe mich nie über andere geordnet, deshalb ist der Unterschied nicht so extrem. Aber natürlich war mir vorher schon bewusst, dass ich nicht mit dem gleichen Status beim FC Bayern aufschlagen werde, wie ich ihn zuvor in Dortmund hatte.
Playboy: Was macht den FC Bayern für Sie besonders?
Hummels: Bei den Bayern habe ich ja schon mit sechs Jahren angefangen, Fußball zu spielen, und da auch bis 19 gespielt. Ich bin also in München aufgewachsen. Deswegen sollte es eigentlich klar sein, warum ich eine speziellere Beziehung zu Bayern habe als vielleicht andere Leute.
Playboy: Der damalige Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann traute Ihnen keine Zukunft beim FCB zu. Deshalb wechselten Sie 2009 zum BVB. Jetzt kehrten Sie für die fast zehnfache Ablösesumme wieder zurück zu Ihrem Heimatclub. Was sagen Sie eigentlich Herrn Klinsmann, wenn Sie ihm mal wieder begegnen?
Hummels: Hallo, ich bin Mats (lacht). Ich habe bisher noch nie mit Jürgen Klinsmann gesprochen. Wir hatten tatsächlich noch nie einen gemeinsamen Berührungspunkt.
Playboy: Aber irgendjemand muss Ihnen ja damals mitgeteilt haben, dass der Trainer des FC Bayern nicht mit Ihnen planen würde.
Hummels: Ja, ich hatte damals mal locker nachgefragt, wie es ausschaut, was mit mir passieren soll. Und als dann aber klar war, dass ich, überspitzt formuliert, nicht die Nummer eins in der Verteidigung werden sollte, habe ich damals relativ schnell entschieden, dass ich besser in Dortmund bleibe. Ich hatte dort ja einen Verein und einen Trainer, die einfach noch etwas mehr an mir interessiert waren als Jürgen Klinsmann.
Playboy: Sie sind 28 Jahre alt, Weltmeister und haben schon mit vielen großen Trainern gearbeitet. Wer hat Sie bisher am meisten fasziniert?
Hummels: Fasziniert? Wahrscheinlich Herrmann Gerland, der damalige Amateur- und heutige Co-Trainer der Bayern. Am meisten geprägt hat mich aber Jürgen Klopp. Wir hatten einfach eine sehr intensive Zeit miteinander.
Playboy: Was zeichnet den neuen Bayern-Trainer Carlo Ancelotti aus?
Hummels: Einiges. Ihn umgibt eine gewisse Aura. Ich weiß gar nicht, ob er die bewusst schafft oder ob er die einfach hat. Man kann das wohl als Elder Statesman bezeichnen. Man merkt, er kann die Dinge einordnen, nimmt sich selbst nicht zu wichtig. Und er weiß, wie man mit den Spielern umgeht.
Playboy: Sie sagen von sich selbst, Sie seien nicht ganz einfach. Worauf darf sich Herr Ancelotti bei Ihnen gefasst machen?
Hummels: Also, ich bin im Großen und Ganzen als Spieler schon recht pflegeleicht. Manchmal bin ich vielleicht etwas launisch und reagiere dann mal leicht zynisch oder ein bisschen sarkastisch. Aber das ist in den zurückliegenden Jahren schon deutlich seltener geworden. Ich glaube, diese Aussage dürfte auch schon ein bisschen her sein. Zumindest ein Jahr (lacht).
Playboy: Wie reagieren andere auf Ihr Verhalten?
Hummels: Die Trainer gehen meist sehr gut damit um, da es sehr viele unterschiedliche Charaktere in einer Fußballmannschaft gibt. Mit Jürgen Klopp bin ich mal eine Zeit lang sehr häufig im Training aneinandergerasselt. Anschließend haben wir uns zusammengesetzt, geredet, und dann war wieder alles aus der Welt. Ich bin eigentlich einer, der versucht, immer alles so zu machen, wie es der Mannschaft am meisten hilft. Wenn ich dann mal schlechter Laune bin, hoffe ich einfach, dass das auf Nachsicht trifft.
Playboy: Wie bekommen es Ihre Mitspieler zu spüren, wenn Sie ausrasten?
Hummels: Es sind ja keine Ausraster. Die Jungs sagen immer, dass ich am gefährlichsten bin, wenn ich gar nichts mehr sage. Aber es ist eben dann auch nicht so, dass ich Leute umtrete. Das habe ich tatsächlich noch nie gemacht in meinem Leben.
Playboy: Philipp Lahm wurde nach Ankündigung seines Karriereendes als künftiger Club-Verantwortlicher favorisiert. In welcher Funktion werden wir Sie nach der aktiven Karriere sehen?
Hummels: Ich weiß gar nicht, ob ich beim Fußball bleiben will. Möglich, ich merke, dass ich tatsächlich immer mehr Lust auf einen Trainerjob habe. Damit meine ich jetzt nicht gleich Bundesliga-Trainer, vielleicht Jugendtrainer, mal gucken. Vor zwei, drei Jahren hatte ich das für mich noch völlig ausgeschlossen.
Playboy: Sie sind 2009 unter Horst Hrubesch Europameister geworden. Im vergangenen Sommer gewann er bei den Spielen in Rio mit einem zusammengewürfelten Nachwuchsteam überraschend die Silbermedaille. Damit ist Hrubesch der erfolgreichste deutsche Junioren-Coach. Was macht ihn so besonders?
Hummels: Man kauft ihm einfach ab, was er sagt. Er ist immer geradeheraus, hat immer ehrlich gesagt, was er über uns Spieler denkt. Ich glaube, dass es vor allem seine große Stärke ist, Spielern im Alter von 18, 19 Jahren Contra zu geben, ihnen klarzumachen, dass sie noch sehr hart arbeiten müssen, bis sie wirklich was erreicht haben.
Playboy: Wie oft musste er Ihnen damals Contra geben?
Hummels: Mit 18, 19 war ich weit davon entfernt zu denken, ich würde mal auf dem Niveau ankommen, auf dem ich mich jetzt befinde.
Playboy: Die Top-Clubs aus den europäischen Ligen haben zuletzt immer wieder neue Rekorde bei den Ablösesummen aufgestellt. Sehen Sie da eine gefährliche Entwicklung im Fußball?
Hummels: Ich würde nur dann eine gefährliche Entwicklung feststellen, wenn das Geld nicht da ist. Aber es ist ja quasi ein Kreislauf. Es wird nur dann problematisch, wenn man Geld ausgibt, das man nicht hat.
Playboy: Dennoch: Sind deutsche Teams, mal abgesehen vom FC Bayern, international überhaupt noch konkurrenzfähig?
Hummels: Klar, die Spanier haben in den vergangenen Jahren tatsächlich sehr deutlich den europäischen Fußball dominiert. Aber Bayern war drei Jahre hintereinander im Halbfinale der Champions League, 2013 hatten wir sogar ein deutsches Finale. Ich sehe tatsächlich überhaupt keine Gefahr, dass die deutschen Teams nicht konkurrenzfähig wären.
Playboy: Ex-Schwimmer Markus Deibler klagte: „In einem Land, in dem ein Olympiasieger 20.000 Euro Prämie bekommt und ein Dschungelkönig 150.000, sollte sich niemand über fehlende Medaillen wundern.“ Zählen nur noch Fußball und Ballaballa-TV?
Hummels: Also, für mich zählt Ballaballa-TV gar nicht. Und sicherlich ist es schon so, dass es in den meisten Sportarten, mal abgesehen vom Fußball, schwierig ist, Geld zu verdienen. Deshalb versteh ich auch, wenn man deswegen frustriert ist.
Playboy: Sie werben für ein Modeunternehmen, für Parfüm und jetzt auch für eine Schweizer Uhrenmarke. Sie waren auch schon häufiger in Magazinen in schicken Klamotten zu sehen. Wie eitel sind Sie?
Hummels: Eitelkeit ist erst dann störend, wenn man etwa alle drei Minuten das Bedürfnis hat, noch mal in den Spiegel zu schauen. Wenn man aber nur darauf achtet, gepflegt auszusehen, sich chic anzuziehen, dann finde ich das völlig in Ordnung. Ich glaube, ich bin da nicht übertrieben eitel.
Playboy: Wie wichtig ist Ihnen modisches Auftreten?
Hummels: Wenn ich auf Events oder abends essen gehe, dann ist mir das schon sehr wichtig. Dann achte ich natürlich darauf, gut angezogen zu sein. Es gibt aber auch Tage, da ziehe ich einfach an, was aus dem Schrank fällt.
Playboy: Wie ist denn ein Mann gut angezogen?
Hummels: Ich mag es eher chic. Nicht übertrieben, nicht grell. Ich bin auch nicht so der Schmucktyp. Man sieht es ja, mein Schmuck sind meine Uhr und mein Ring. Mehr trage ich auch tatsächlich nicht. Man hat meinen Stil mal mit „skandinavischer Eleganz“ beschrieben. Fand ich irgendwie passend.
Playboy: Sie sind als Fußball-Profi viel unterwegs. Wofür nehmen Sie sich Zeit?
Hummels: Gern auch mal für mich. Ich bin jemand, der auch einfach mal einen Abend allein zu Hause ist und nichts macht. Aber natürlich verbringe ich jetzt wieder viel Zeit hier in München mit meiner Familie und meinen Freunden, die ich in den vergangenen Jahren ja nicht ganz so oft gesehen habe.
Playboy: Was bedeutet Luxus für Sie?
Hummels: Zeit haben. Es gibt Bundesliga-Trainer, die bei ihrer Mannschaft nicht mehr mit Geldstrafen agieren, sondern die Spieler zur Strafe auf dem Trainingsgelände behalten. Mit der Begründung, mit Geldstrafen kann man sie nicht ärgern, also nimmt man ihnen ihre kostbare Zeit.
Playboy: Wie wichtig ist Ihnen materieller Luxus?
Hummels: Das ist mir tatsächlich nicht wichtig. Klar genieße ich schöne Klamotten, ein tolles Hotel, gutes Essen, Sachen, die vielleicht auch mal ein bisschen teurer sind. Aber ich bin auch sehr glücklich, wenn ich mit meinen Jungs in der WG in einem sehr unaufgeräumten Wohnzimmer abhänge und wir Karten spielen.
Playboy: Warum halten manche Sie eigentlich für arrogant?
Hummels: Kann es sein, dass man groß gewachsenen Leuten ihr Auftreten schneller auch mal als Arroganz auslegt? Ich weiß nicht. Ich bin vielleicht manchmal ein bisschen zu offen, zu ehrlich, sage dann einfach mal klar: „Ich hab da jetzt gerade keinen Bock drauf.“ Ich bin mir aber eigentlich sicher, dass ich nicht arrogant bin. Kann aber verstehen, wenn ich manchmal nach außen so wirke.
Playboy: Sie haben damals für Ihre Fußballkarriere die Schule abgebrochen. Wann machen Sie Ihr Abi nach?
Hummels: Sicher nicht mehr im Lauf meiner aktiven Karriere. Ich habe es mir zwar schon ein paarmal vorgenommen, es aber nie durchgezogen. Ich kenne Spieler, die nebenbei ihr Studium machen, habe aber das Gefühl, dass bei den meisten das Sportliche doch etwas auf der Strecke blieb. Solange ich jung bin und mein Körper noch so leistungsfähig ist, konzentriere ich mich auf den Fußball. Wenn der Körper irgendwann nicht mehr mitmacht, lass ich den Kopf wieder arbeiten.
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