Die Krimiserie "23 Morde" wurde ursprünglich mit dem Namen "23 Cases" für Sat.1 gedreht, aber nie ausgestrahlt. Der Sender empfand die Serie als "zu hart" und "zu düster". Vier Jahre später, am 19. August, werden die sechs Episoden auf der Streaming-Plattform Joyn nun doch gezeigt. Franz Dinda verkörpert darin den vermeintliche Serienkiller Maximilian Rapp, welcher 23 Morde gesteht. Nur die Polizistin Tara Schöll (Shadi Hedayati) glaubt ihm nicht und begibt sich auf Nachforschungen. Sie findet heraus, dass Rapp für einen der Morde ein Alibi hat und macht sich seine extrem gut ausgebildeten Sinne zu nütze, um den Fall aufzuklären. Wie viele Morde hat er wirklich begangen?
PLAYBOY: In der Serie „23 Morde“ spielen Sie einen Psychopathen und potentiellen Serienkiller. Wie bereitet man sich auf so eine Rolle vor?
Franz Dinda: Ich würde ja jetzt gerne erzählen, dass ich in einer kleinen Selbsthilfegruppe von Serienkillern war, aber in Wirklichkeit war die Vorbereitung sehr viel theoretischer (lacht). Wir wissen ja auch gar nicht was Maximilian Rapp tatsächlich alles verbrochen hat. Ich habe mit den Autoren und Produzenten sehr intensiv und sehr lange an der Rolle gearbeitet, um diese wasserdicht zu machen und darüber hinaus den Charakter von Rapp zu erforschen.
Und was macht das dann mit einem, wenn man sich so ausgiebig mit der Rolle eines Psychopathen beschäftigt?
Sie dürfen sich das jetzt nicht so vorstellen, dass ich ähnlich wie bei Hannibal Lecter, permanent in Abgründe schauen musste. Die Serie wurde ja ganz klar für ein Privatsender-Format entwickelt und musste um 20:15 Uhr noch ausstrahlbar sein. Demzufolge konnte es von vornherein nicht komplett brutal und böse werden. Schlafmangel war also kein Problem. Ich konnte meine Arbeit schlicht und ergreifend mit einer seriösen Rollenvorbereitung stemmen.
Was fiel Ihnen am schwersten, um in die Rolle zu schlüpfen?
Für die stark entwickelten Sinne, die Rapp hat, eine Ausdrucksform zu finden. Also einerseits elegant, attraktiv sowie humorvoll zu sein und auf der anderen Seite aber auch düster, abgründig und doppeldeutig, wie das die Figur verlangt. Da ein Gleichgewicht zu finden, das war schon ein Balance-Akt.
Was würden Sie in ihrem Leben mit solch ausgeprägten Sinnen, wie denen von Rapp, anstellen?
Ich würde mir nur einzelne rauspicken wollen, denn solche Fähigkeiten sind ja gleichzeitig Fluch und Segen. Oder ich müsste sie an- und ausschalten können. Wenn ich nachts schlafen will und jede einzelne Grille im Umkreis von drei Kilometern höre, ist das wahrscheinlich der schlimmste Tinnitus, den man sich vorstellen kann.
Aber extrem gut sehen, fühlen und riechen wäre doch interessant?
Ich bin ja leidenschaftlicher Sondengänger. Ich geh mit einem Metalldetektor über Felder und suche nach Schätzen. Mit entsprechenden Spezialfähigkeiten wäre meine Ausbeute wahrscheinlich wesentlich spektakulärer (lacht).
Für welche Schauspielrolle würden Sie sterben?
Sollte über die Künstlergruppe Brücke (Vertreter des Expressionismus aus dem letzten Jahrhundert, Anm. d. R.) mal ein Film gedreht werden und ich bin nicht dabei, dann würde ich meinen Beruf ändern (lacht). Ansonsten hätte ich auch große Lust auf Science-Fiction mit Raumschiffen und fremden Welten, wo man im Studio mit Tennisbällen und Green Screen in eine andere Arbeitswelt eintaucht.
Und welche Serie sehen Sie sich selbst gerade an?
Ich habe gerade erst gestern „Haus des Geldes“ beendet und knöpfe mir gleich die letzten Folgen von „Chernobyl“ vor.
Sie beschäftigen sich noch mit vielen anderen Projekten. An was arbeiten Sie derzeit neben der Schauspielerei?
Aktuell baue ich an neuen Reimmaschinen für meine Ausstellung „ReimRaum – ein begehbarer Gedichtband“, nachdem die letzten zwei Präsentationen im Rahmen des „Be a Mover-Kunstsalons“ von Daimler so erfolgreich waren. Es reizt mich nicht, einfach nur moderne Gedichte zu schreiben, ich finde es spannender, wenn man diese im Rahmen einer Präsentation anfassen und spielerisch entdecken kann.
Was kann man sich genau unter so einer Lyrikmaschine vorstellen?
Im „ReimRaum“ befindet sich zum Beispiel eine Schreibmaschine mit nur fünf bedienbaren Tasten: L, I, E, B, N. Wenn Sie diese fünf Tasten gleichzeitig drücken, schreibt Ihnen das Gerät ein Gedicht aus genau diesen fünf Buchstaben. Oder ein Spiegel, dessen Scheibe beim Bedienen durchsichtig wird und den Blick auf ein Gedicht über Identität freigibt. Insgesamt sind es mittlerweile sechs Prototypen, die fertiggestellt und funktionstüchtig sind.
Alle Artikel