Playboy: Herr Peltzer, bestimmt haben Sie am Neujahrstag gebannt das Finalspiel der Darts-WM verfolgt, in dem sich der bis dato fast unbekannte Rob Cross mit 7 zu 2 Sets gegen den gefeierten Altmeister Phil Taylor durchgesetzt hat. Sind Sie zufrieden mit dem Ausgang?
Johann Peltzer: Ja, für mich hat der bessere Mann gewonnen. Vor allem, weil Rob Cross sehr konstant gespielt hat.
Phil Taylor hat von 1990 an unfassbare 16 WM-Titel gesammelt und war über Jahrzehnte der beste Dartspieler der Welt. Ist seine Ära jetzt zu Ende?
Nun, er hat sie selbst beendet, er sagte ja, dass er nach dieser WM aufhören will. Ich denke aber auch, der Zeitpunkt ist richtig gewählt. Taylor ist jetzt 57 Jahre alt, da muss man sich diesen Stress nicht mehr antun.
Wenn wir die Ebene der internationalen Profiturniere verlassen, sehen viele im Dart wohl eher ein legeres Begleitprogramm für ihren Bar-Abend als einen ernsthaften sportlichen Wettkampf. Würden Sie sagen, das Klischee vom Kneipensport trifft zu?
Nein, und ich verstehe auch gar nicht, warum das immer wieder hochgekocht wird. Natürlich ist Dart in den Kneipen entstanden. Die Engländer haben es in den Pubs gespielt und von da aus auch mit nach Deutschland gebracht. Aber mittlerweile ist Dart ein Sport wie jeder andere. Natürlich treffen sich neben den großen Teams, die ihre eigenen Vereinsheime haben, viele kleinere Vereine zum Spielen auch weiterhin in ihren Kneipen. Aber das würde ich nicht von vornherein negativ sehen.
Gute Dartspieler investieren auch viel Zeit in ihr Training. Wie muss man sich das vorstellen?
Das ist ganz individuell, es gibt da keine einheitliche Methode. Wer zu Hause trainiert, übt in der Regel damit, dass er verschiedene Spielvarianten immer wieder gezielt durchspielt – entweder das klassische 501 [Jeder Spieler hat zu Beginn 501 Punkte und muss diese Zahl gezielt und mit möglichst wenig Würfen auf den Wert 0 bringen, Anm. d. Red.], oder er zielt immer auf die dreifache Zwanzig [ein Feld im inneren Ring der Dartscheibe], oder er spielt Around the Clock [Die Segmente der Dartscheibe werden nacheinander im Uhrzeigersinn abgeworfen]. In den Vereinen geht es dagegen eher darum, gegen andere Spieler anzutreten. Hier werden kleine Trainingsturniere veranstaltet, sodass man immer auf wechselnde Gegner trifft.
Und welche Talente sollte man mitbringen, wenn man im Dart erfolgreich sein will?
Man braucht ein gutes Auge und eine ruhige Hand, und man muss sich sehr gut konzentrieren können. Und dass man rechnen kann, das ist auch wichtig.
Etwas anderes, was an den Profi-Dartspielern auffällt, ist, dass viele von ihnen recht beleibt sind. Gerade Phil Taylor hatte schon in jungen Jahren einen ansehnlichen Bauchumfang. Ist diese Körpermasse auch ein Erfolgsfaktor?
Nein, das würde ich nicht sagen, das ist eher wieder eines von diesen Kneipen-Klischees. Schließlich gibt es genug Beispiele von Dartspielern, die nicht übergewichtig sind. Aber natürlich sehen die meisten von uns nicht aus wie Marathonläufer. Obwohl die körperliche Fitness auch im Dart durchaus eine Rolle spielt. Ohne eine gute Kondition hält man so lange Turniere einfach nicht durch.
Auf der Website Ihres Verbandes wurde kürzlich sogar ein Anti-Doping-Communiqué veröffentlicht. Heißt das, dass bei den Wettkämpfen auch die Dart-Athleten auf leistungssteigernde Substanzen zurückgreifen?
Bei dem Communiqué hatten wir eher das Problem ‚Doping durch Unwissenheit‘ im Auge. Auch viele normale Medikamente enthalten Substanzen, die von der Welt-Anti-Doping-Agentur mittlerweile als unzulässig eingestuft worden sind. Die Spieler sind da oft noch nicht genug informiert, deshalb wollen wir sie darauf aufmerksam machen. Aber zu Ihrer Frage: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass auch manche Dartspieler in Versuchung kommen, sich zu dopen, um dem Druck bei Turnieren standzuhalten und die Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. Bisher hat das Problem bei uns allerdings noch nicht im Fokus gestanden.
Sprechen wir über den Dartsport in Deutschland. Gibt es auch hier Turniere, die ähnliche Ausmaße haben und ähnlich hochkarätig besetzt sind wie die WM in England?
Die Dart-WM wird von einem Profiverband, der Professional Darts Corporation (PDC) organisiert. Das ist, sowohl was die Qualität der Spieler als auch was die Zuschauerzahlen angeht, natürlich eine andere Dimension. Hierzulande füllen eher die Spieler die Hallen. Bei unseren Turnieren treten drei- bis vierhundert Athleten an.
Dann ist Deutschland nicht der Nabel der Dart-Welt?
Die großen Dart-Nationen sind Großbritannien und die Niederlande, Deutschland gehört nicht dazu. Aber auch wir sind ein Verband mit 11.000 Mitgliedern!
Durch die spektakuläre WM sind viele Leute neu auf den Dartsport aufmerksam geworden. Rechnen Sie jetzt mit einem stärkeren Zulauf?
Es ist schon seit einigen Jahren von einem Dart-Boom die Rede, aber das betrifft wohl eher die Zuschauer. Wir in den Vereinen spüren noch nicht viel davon, unsere Mitgliederzahlen steigen nur ganz langsam.
Was müsste passieren, damit der Dartsport in Deutschland langfristig gestärkt wird und irgendwann vielleicht ein Spieler aus Kelheim oder Kaiserslautern den Weltmeistertitel holt?
Wir bräuchten mehr Mittel, um talentierte Spieler auch fördern und unterstützen zu können. Das ist bisher noch nicht möglich. Aber in letzter Zeit bemühen wir uns verstärkt darum, von staatlicher Seite mehr finanzielle Unterstützung zu bekommen. Wenn das gelingt, wird das der Entwicklung des Dartsports in Deutschland sicher einen Schub geben.
Haben Sie noch etwas, was Sie allen Dart-Enthusiasten mit auf den Weg geben möchten?
All denen, die in ihrem Hobbykeller Dart spielen, möchte ich sagen, dass sie sich doch einmal umschauen sollen, ob es in ihrer Gegend nicht einen Dart-Verein gibt, bei dem sie sich anmelden können. Man kann trainieren, zu Turnieren reisen und man lernt nette Leute kennen. Das ist dann doch ein gutes Argument!
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