Playboy: Herr Behnke, was bedeutet für Sie Nachbarschaft?
Nachbarschaft bedeutet für mich persönlich, dass ich mich zuhause fühle. Also nicht nur innerhalb meiner eigenen vier Wände, sondern auch in meiner direkten Umgebung. Wenn ich zum Beispiel mal Hilfe brauche, einen Rat oder Empfehlungen.
War das auch der Grund dafür, Nebenan.de zu gründen?
Eigentlich genau aus dem Defizit davon. Ich habe vier Jahre in einem 9-Parteien Haus mit meiner Familie gewohnt und kannte davon gerade mal drei. Man muss sich das mal vorstellen: Ich kannte noch nicht mal die Menschen, mit denen ich im gleichen Haus lebte. Das wollte ich ändern! Mein Wunsch ist nicht, meinen Freundeskreis auf meine Nachbarschaft umzubauen. Aber ich möchte in einem sinnvollen Austausch mit meinen Nachbarn leben.
Aber Nebenan.de ist doch eine rein digitale Plattform – ist das nicht ein bisschen paradox?
Es geht nicht darum, sich rein im virtuellen Raum auszutauschen, sondern das Digitale als Anbahnung zu sehen. Also sich nach dem digitalen Erstkontakt auch persönlich zu treffen und zu helfen. Außerdem ist für viele Menschen der erste Kontakt über ein soziales Netzwerk leichter.
Auf unserer Plattform kann man ein unverbindliches Signal an die Nachbarschaft schicken: Hallo, hier bin ich, ich bin bereit, euch kennenzulernen. Heutzutage ist man ja mit der ganzen Welt vernetzt, aber das direkte Umfeld verliert man aus den Augen. Wir nutzen bei Nebenan.de zwar auch das Internet, aber nur, um wieder Begegnungen im echten Leben möglich zu machen.
Haben wir denn verlernt Nachbarn zu sein?
Ein Gefühl, das viele Menschen heute haben ist, dass Nachbarschaft ein Relikt aus der Vergangenheit ist. Früher, da hat man sich noch gegrüßt und unterstützt – so das kollektive Empfinden. Das mag bis heute auch noch in kleineren Städten oder auf dem Land so sein, aber geraden in den Großstädten war die Anonymität immer schon sehr groß.
Das Digitale schafft hier nun neue Möglichkeiten: Man beschränkt sich nicht auf nur befreundete Nachbarn, sondern man kann in die gesamte Nachbarschaft rufen wenn man eine Empfehlung braucht, seinen Schlüssel verloren hat oder eine Bohrmaschine braucht.
Ist das die Vision einer starken und lebendigen Nachbarschaft?
Exakt. Außerdem entstehen viele Freundschaften daraus, wenn man einfach nur mal offen aufeinander zugeht und miteinander spricht. Selbst beim Ausleihen einer Bohrmaschine lernt man neue Menschen kennen und manchmal entstehen daraus sogar Freundschaften. Wir bringen Fremde zusammen und wollen, dass daraus wieder Nachbarn werden.
Straßen- und Nachbarschafts-Feste gab es aber doch auch schon immer, oder?
Ja, aber es geht sich doch viel leichter und freudiger auf so ein Fest, wenn man von vornherein schon die Nachbarn kennt oder zumindest im Vorfeld einen Austausch hatte. Auch die Ängste vor dem Unbekannten werden dadurch abgebaut.
Wie funktioniert Nebenan.de genau?
Man ruft die Seite auf, guckt in die Postleitzahlensuche, die anzeigt, ob es in der Gegend, in der man wohnt, schon aktive Nachbarschaften gibt, registriert sich mit Namen und Adresse. Uns ist es wichtig, dass auf Nebenan.de auch nur „echte“ Nachbarn miteinander kommunizieren. Bei der Registrierung geht es uns auch gar nicht um die Meldeadresse des Users, sondern wir wollen lediglich dafür Sorge tragen, dass es sich auch wirklich um einen unmittelbaren Nachbarn handelt.
Dafür reicht aber ein Name auf dem Briefkasten schon aus. Die Registrierung ist kostenlos und wird es auch bleiben.
Die Angaben werden von uns überprüft, denn die Basis von Nachbarschaft ist Vertrauen. Gibt es noch keine Nachbarschaft, kann ich einen Vorschlag machen: Meine Nachbarschaft heißt soundso und soll die Grenzen soundso haben. Das legen nicht wir fest, die Menschen vor Ort müssen sich damit identifizieren.
Wie viel Nachbarschaften zählt die Plattform inzwischen?
Knapp 6000 Nachbarschaften. 70 bis 80 Prozent aller existieren Nachbarschaften in urbanen Gebieten in Deutschland. Besonders aktiv sind die größten 350 Städte in Deutschland. Alles was nicht Dorf und Kleinstadt ist, ist bereits auf Nebenan.de aktiv.
Entschuldigen Sie die Indiskretion: Aber wie finanziert sich Nebenan.de?
Wir haben bisher großzügige Unterstützung vieler Investoren erhalten - und durch Werbung. Wir verzichten auf die klassische Internet-Werbung. Sprich: Keine Cookie-Netzwerke, keine Daten-Monetarisierung, keine nervige Bannerwerbung.
Zudem ist es uns wichtig, den lokalen Einzelhandel zu stärken, indem wir die Geschäfte und Dienstleister aus der direkten Nachbarschaft auf Nebenan.de Teil haben lassen. Das kann der Friseur um die Ecke sein, oder der Metzger in der Straße in der man wohnt. Werbung von Amazon oder Coca-Cola wird es bei uns nicht geben!
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