Rund einen Monat vor der US-Präsidentschaftswahl rechnet der amerikanische Star-Regisseur Oliver Stone mit den herrschenden Wertvorstellungen und der Politik in seinem Heimatland scharf ab. „Amerika ist doch total verrückt“, urteilte der 70-Jährige in unserem Interview über seine Landsleute, denen er mehrheitlich einen „Mutterkomplex“ unterstellte.
„Wie Apfelkuchen und Krieg“ sei Amerika, sagte er – einerseits „immer noch durchtränkt von verlogener Prüderie“, während es in Bezug auf Gewaltdarstellung in Filmen seit Jahren immer liberaler werde. „Hätte ich zum Beispiel in meinem vorletzten Film ,Savages’ Blake Livelys nackte Titten gezeigt, dann hätten mir die Sittenwächter die Szene sicher herausgeschnitten. Von anderen nackten Körperteilen ganz zu schweigen.“
Derweil betrachtet der Hollywood-Regisseur, dessen Film „Snowden“ über Amerikas berühmten Whistleblower seit dem 22. September in den deutschen Kinos läuft, die US-Politik und ihre
Weltmachtansprüche als gescheitert: „Wir sind in fast jedes fremde Land einmarschiert und sind dort immer noch militärisch oder anderweitig präsent. Das ist die falsche Politik“, so Stone. „Viele Amerikaner haben es satt, dass wir uns überall auf der Welt einmischen. Sie sehen da nur noch ein schwarzes Loch, in das wir Millionen von Dollar versenken. Und viele dieser Länder, in denen wir uns ,engagieren’, wollen doch gar nicht den American Way of Life. Die Einzigen, die sich darüber freuen, sind die Militärs und die Militär-Industrie. Die scheffeln dadurch Milliarden.“
Auch über die Politik des scheidenden Präsidenten Barack Obama äußerte Stone sich in dem Interview enttäuscht. „Ich habe ihm damals geglaubt, als er versprach, dem Krieg gegen den Terror ein Ende zu setzen. Er hat es nicht getan“, sagte der Regisseur. „Und er hätte die Republikaner in die Schranken weisen sollen. Stattdessen hat er versucht, sie auf seine Seite zu ziehen – und ist dabei immer mehr eingeknickt.“
Einen Wahlsieg der Republikaner hält Stone zwar nach eigenem Bekunden „für sehr unwahrscheinlich“. „Aber ehrlich gesagt, habe ich auch keine großen Erwartungen an Hillary Clinton. Um eine gute Präsidentin zu werden, müsste sie sich ändern. Und ich glaube nicht, dass sie das vorhat. Aber was die Parteien betrifft, da halte ich natürlich die Demokraten für besser als die Republikaner. Die Republikaner sind auch ohne Trump nicht mehr der Rede wert. Sie haben sich in den vergangenen Jahren selbst sabotiert und blockieren nur noch. Im Kongress herrscht ja schon lange eine Patt-Situation, die alle wichtigen Gesetzgebungen so gut wie verhindert. Das ist wirklich verheerend.“
Oliver Stone's Film "Snowden" läuft seit dem 22. September in den deutschen Kinos.
Das ganze Interview mit Oliver Stone – im neuen Playboy. Ab dem 6. Oktober im Handel oder versandkostenfrei hier bestellen.
Alle Artikel