20 Fragen an Christian Ulmen

Credit: Jens Koch für Playboy Deutschland

Als MTV-Krawallo schonte er weder seine Gäste noch das Publikum, auf der Leinwand und im „Tatort“ ist er der verpeilte Sympathieträger, beim Kindle Storyteller Award bewertet er die Geschichten ambitionierter Autoren. Wie funktioniert eigentlich der Medienmacher Christian Ulmen?

Herr Ulmen, in Ihren neuesten Filmen mimen Sie den schüchternen Frauenversteher. Ist das auch beim Flirten Ihre Masche?
Ulmen: Nein, das hat sich nur in der Filmwelt verselbstständigt. In der wirklichen Welt bin ich natürlich ein souveräner Draufgänger (lacht).

Dabei passt der empathische, unsichere Typ doch in die Zeit – müssen Männer heute so sein?
Ulmen: Männer müssen gar nichts. Außer aufhören, Ratgeber zu lesen.

Was ist dann für Sie männlich?
Ulmen: Aufgaben lösen. Mit Härte und Disziplin. Zum Beispiel, wenn man mit einem Vierjährigen diskutiert, welche Hose er anziehen soll: Härter geht’s nicht. Das erfordert echte Manneskraft.

Haben Sie als Vater somit ein männliches Idealbild verwirklicht?
Ulmen: Absolut. Ich musste nie härter arbeiten, musste nie so viel Durchhaltevermögen zeigen. Wenn das typische Attribute von Männlichkeit sind, war ich nie mehr Mann als jetzt.

Kleine Zeitreise – in „Mein Neuer Freund“ und „Unter Ulmen“ haben Sie viele grenzüberschreitende Späße gemacht. Macht das Familienleben Sie ruhiger?

Ulmen: Nein. Manches können sich die Kinder eben erst anschauen, wenn sie 16 sind. Außerdem lasse ich mir doch nicht von den Blagen, die mir die Nacht rauben, meinen Job diktieren (lacht)!

Wird es mal wieder Nachschub an Ihrem Anarcho-Humor geben, oder bleiben Sie bei den seriösen Rollen?
Ulmen: Seriös war ich nie. Neben dem Kino hatte ich ja immer auch andere Projekte. Heute kann ich machen, was ich will, ohne um Freiheiten kämpfen zu müssen.

Hat der absurde Humor von damals noch eine Chance im Fernsehen?
Ulmen: Es sieht oft danach aus. Was Joko und Klaas machen, finde ich ja gut. „HalliGalli“ ist Mainstream.

Sie sind ein großer Late-Night-Fan. Gibt es nach Böhmermann die Chance, mehr solcher Formate nach Deutschland zu bringen?
Ulmen: Das muss sich ein Sender leisten können. Wenn ihm eine bestimmte Quote reicht, kann es auch wieder eine Late-Night-Kultur in Deutschland geben.

Der perfekte Zeitpunkt für „Ulmen Late Night“, oder?
Ulmen: Nee, ich bin kein Late-Night-Host, eher Geschichtenerzähler. Ein Revival einer alten Show könnte ich mir vorstellen. Vielleicht mal die „tele illustrierte“ für eine Folge moderieren.

Auch nicht mit Nora Tschirner als Sidekick?
Ulmen: Nora? Oh nein! Mit 40 hab ich nicht mehr die Nerven dafür!

Haben Sie Angst vor ihr?
Ulmen: Angst? Vor Nora Tschirner? Nein!

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu ihr beschreiben?
Ulmen: Eine faszinierende Hassliebe. Durch kleinste Anlässe kippt bei uns die Harmonie. Dann wollen wir uns an manchen Tagen gar nicht angucken. Und dann sind wir wieder die besten Freundinnen.

Glauben Sie noch ans deutsche Fernsehen?
Ulmen: Ja. Ich bin kein Kulturpessimist.

Was fehlt Ihnen hierzulande im Programm?
Ulmen: Mir ist der britische und amerikanische Humor grundsätzlich näher. Doch in Deutschland ist man humoristisch anders sozialisiert.

Also ist das Publikum schuld?
Ulmen: Ich kenne viele Fernsehmacher, die Ricky Gervais lieben und es ihm gern gleichtun würden. Sie versuchen es immer wieder, doch es gibt zu wenige Zuschauer. Die breite Nische fehlt.

Mittlerweile bietet man Ihnen Vater-Rollen an, keine Jungspunde mehr. Schmerzt das?
Ulmen: Nö. Aber 40 zu werden, das hat wehgetan. Und zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen. Ich habe gerade eine Magenspiegelung hinter mir. Eine fürchterliche körperliche Erfahrung!

Kurze Rückblende: Sie wurden 1996 vom offenen Kanal abgeworben und landeten bei MTV. Wären Sie heute YouTuber geworden?
Ulmen: Auf jeden Fall! Da bietet man seinem Publikum direkt etwas an, ohne den Umweg über ein Verlagshaus oder einen Sender, in dem dir ein Redakteur erzählen will, dass du lieber blaue statt braune Schuhe anziehen solltest.

Sind Sie ein YouTube-Fan?
Ulmen: Ja. Wenn du im Internet veröffentlichst, bist du alle Diskussionen los – und wirst vielleicht genauso erfolgreich. Das hat das kreative Arbeiten revolutioniert. Deshalb hat mich auch der Kindle Storyteller Award für Autoren gereizt, die auf eigene Faust Geschichten veröffentlichen.

Sitzen Sie deswegen in der Jury?
Ulmen: Genau. Wenn ein Autor bei Verlagen abgeblitzt ist, kann er sein Buch trotzdem publizieren. Verlage lehnen Manuskripte auf Grundlage eines Wissens ab, das ja eigentlich keiner haben kann. Niemand weiß, was erfolgreich wird. Sonst gäbe es ja keine Flops.

Wann fesselt Sie eine Geschichte?
Ulmen: Wenn ich mich mit der Hauptfigur identifiziere. Hat sie zum Beispiel Hämorrhoiden wie ich? Oder ich lerne etwas Neues kennen: Krass, Hämorrhoiden, darüber weiß ich noch gar nichts!

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