Herr Götz, warum liegt American Whiskey gerade im Trend?
Das hat mehrere Gründe. Vor drei Jahren hat der britische Experte Jim Murray in seiner „Whisky-Bible“ den Booker’s Rye zum besten Whiskey der Welt erkoren. Dieses Buch lesen vor allem die echten Whisky-Freaks, und die treiben dann die Marktpreise nach oben. Ich selbst habe die Flasche damals für 500 Euro eingekauft, mittlerweile hat sich der Preis vervierfacht. Aber seit diesem Urteil von Murray ist die Anerkennung des American Whiskey insgesamt stark gewachsen. Einen großen Anteil daran hat sicher auch, dass sich vor rund zehn Jahren die Barkultur radikal verändert hat …
… und Barkeeper sich jetzt Mixologen nennen?
Genau. Das Wort mag ich allerdings gar nicht. Jeder Barmann sollte gute Drinks machen, dazu muss er sich nicht „-loge“ nennen. Aber in den großen Städten sind plötzlich ganz viele Bars entstanden, die sich auf die alten, klassischen Drinks zurückbesonnen haben – und die basieren eben zum großen Teil auf American Whiskey.
Was ist an ihm das Besondere?
Die Vielzahl. Es gibt Hunderte Destillen in den USA. Wenn du Purist bist, stößt dir manches auf, weil viele Brenner sehr experimentierfreudig sind, ungewöhnliche Fässer verwenden und anderes Getreide nehmen. Ich gehe da offen ran und lasse mich gern überraschen.
Der bekannteste Vertreter ist der Bourbon aus Kentucky. Was zeichnet ihn aus?
Er ist sehr karamellig und hat mindestens 51 Prozent Maisanteil, dazu kommen dann noch Roggen, Gerste und Weizen. Gibst du mehr Roggen rein, wird er würziger, gibst du mehr Weizen rein, wird er weicher.
Und dann gibt es den Rye, also Roggen-Whiskey.
Der muss mindestens 51 Prozent Roggen enthalten. Er ist deutlich rauer als der Bourbon – entspricht aber mehr der Urform des amerikanischen Whiskeys. Die ersten Siedler kannten Mais noch nicht, das war ein einheimisches Indianer-Gewächs. Erst im späten 18. Jahrhundert wurde Mais planmäßig als Nahrungsmittel angebaut, weil er ideal wuchs. Und zwar in so großen Mengen, dass man anfing, ihn auch zu brennen – so entstand der Bourbon.
Woher stammt eigentlich der Name „Bourbon“?
Das weiß man nicht genau. Möglicherweise vom historischen Bourbon County. Das Gebiet wurde wohl nach dem französischen Herrscherhaus der Bourbonen benannt, um sich für die Unterstützung im Unabhängigkeitskrieg erkenntlich zu zeigen.
Mit welchem American Whiskey sollte jemand starten, der sonst gern Scotch trinkt?
Das kann man pauschal nicht sagen. Er sollte in eine Bar gehen und nach einem Flight fragen, da kann er sich durch verschiedene Sorten und Marken durchprobieren. Ich würde ihn fragen, welchen Single Malt er gerne mag, und versuchen, irgendeinen Geschmacksnerv davon mit einem American Whiskey zu treffen. Was nicht ganz einfach ist, weil der zum Beispiel nicht getorft ist. Dafür kommt er aus neuen, unbenutzten Fässern von der amerikanischen Weißeiche – mehr Textur geht also nicht. Die gebrauchten Fässer werden dann gerne nach Schottland weitergeschickt, da gibt es also eine Verbindung. Und wenn dem Gast ein Whiskey zusagt, soll er ihn mal als Old Fashioned probieren.
Was ist besser? Pur oder im Cocktail?
Völlig egal. Viel wichtiger ist das Setting. Zum Whiskey gehört die Literatur, nicht nur Fachbücher, sondern schöne Romane. Und es gibt wahrscheinlich kein anderes Edelgetränk auf dem Erdball, über das mehr Songs geschrieben wurden. Wenn du dir also ein gutes Glas einschenkst, dann setz dich hin, nimm ein Buch und hör Musik, das gehört alles zusammen.
Und eine Zigarre dazu?
Na klar, ich persönlich greife aber lieber zur Pfeife. Und Whiskey passt perfekt zu Essen: zu Geräuchertem vom Barbecue oder zu einem guten Steak.
Manche Destillen vermarkten Whiskey mittlerweile als Shot Drink.
Das ist ein Verbrechen und tut weh. Wir reden über ein gereiftes Produkt, das kein schnell produzierter Gin oder Wodka ist. Whiskey braucht Zeit, also sollten wir uns auch Zeit für ihn nehmen.
Alle Artikel