In einer Gegend wie Neukölln kann ein einziger Blick entscheiden. Schaust du weg, sobald sich ein paar Trainingsanzüge mit jeder Menge Mann darin nähern, bist du ein Ziel. Leichte Beute. Verharrt dein Blick einen Moment zu lange im Gesicht deines Gegenübers, gilt das als Provokation. Du musst immer wachsam sein.
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Nicht umsonst riet "4 Blocks" Hauptdarsteller Kida Khodr Ramadan dem Autorenteam „viel über die Augen“ zu machen. Als libanesischer Kurde, der in Kreuzberg aufgewachsen ist, war er ein echter Hauptgewinn für die Serie. Drei Jahre lang hatten Richard Kropf, Bob Konrad und Hanno Hackfort recherchiert, das heißt mit Polizisten, Sozialarbeitern und sogar Clanmitgliedern gesprochen, bevor die erste Klappe fiel. Und es hat sich gelohnt: Jeder Dialog, mag er noch so vulgär sein, sitzt.
Ein Hoffnungsschimmer am deutschen Serienhimmel
Mit einer Serie über Araber-Clans, die schonungslose Gewalt zeigt, sensible Themen wie Integration behandelt und dabei einen Ton anschlägt, der sonst nur vor den Fernsehern der Nation zu hören ist, hatte bis dahin niemand gerechnet. Heiße Nummer, zu viel Angriffsfläche, werden sich die Öffentlich-Rechtlichen gedacht haben. Beim kleinen Pay-TV Sender TNT war man mutiger – und wurde belohnt: unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem International Drama Award und dem Grimme Preis.
Wie ein Sog zieht das bildgewaltige Gangster-Drama die Zuschauer in seinen Bann. "4 Blocks" fühlt sich echt an. Bärtige Typen in S-Klassen, Dealer, die im Görlitzer Park Drogen ticken, Junkies, Rockergangs – das alles gibt es in Neukölln. Klar, manchmal wird ein bisschen zu dick aufgetragen, aber wir reden hier immer noch von einer Dramaserie, nicht von einer Doku.
Als solche wird sie vom ersten Moment an von der Qualität des Casts getragen. Und die ist, um es vorsichtig auszudrücken, überraschend. Entweder sind die Rapper Veysel und Massiv geniale Schauspieler, oder ihnen sind die Rollen, die sie da spielen, nicht fremd. Gerade jemand wie Veysel, der drei Jahre wegen Körperverletzung mit Todesfolge gesessen hat, dürfte ein erfahrener Selbstdarsteller sein.
Hoch gepokert – und abgesahnt
Dass der Chef des Hamady-Clans denselben Vornamen trägt wie Toni Soprano, der größte Mafiaboss der Seriengeschichte, ist natürlich kein Zufall. An jeder Ecke der Vier Blocks sind Motive zu finden, wie man sie aus den amerikanischen Gangster-Storys kennt. Angefangen mit der Erzählweise, die an „The Wire“ erinnert, über die großen Mafia-Themen, Familie, Drogen, Gewalt, Verrat, bis hin zur Stilisierung einzelner Charaktere.
"4 Blocks" wandelt auf den Pfaden der ganz Großen. Und das ist okay. Eben weil man sich der Thematik nicht mit der Unbeholfenheit eines Tatorts nähert. Die Serie will keine moralzentrierte Millieustudie sein, die von Außenstehenden mit erhobenem Zeigefinger ans Publikum getragen wird. Regisseur Marvin Kren lässt die Dinge für sich selbst sprechen. Und genau das ist der Punkt. Die meisten deutschen Formate sind zu zahm, trauen sich nichts und versumpfen in der Mittelmäßigkeit. "4 Blocks" ist anders. Hier hat man sich für eine Richtung entschieden: die der Verbrecher – und erzählt sie gnadenlos aus. Brutal, ungeschönt und ehrlich.
Staffel 2: der Clan wächst
Seit dem furiosen Auftakt der Serie fiebern die Fans ungeduldig der zweiten Staffel entgegen. Endlich ist es soweit: Ab heute zeigt Sky jeden Donnerstag um 21 Uhr eine neue Folge des Berliner Gangster-Dramas. 2019 sollen die sieben Episoden dann auch bei ZDFneo zu sehen sein. Regie führen diesmal Oliver Hirschbiegel ("Der Untergang") und Özgür Yildirim ("Nur Gott kann mich richten"), der Cast wird durch David Schütter und Uwe Preuss, sowie die Rapperin Eunique und den Rapper GZUZ ergänzt.
Was die Story angeht, hält man sich bisher noch bedeckt. Fest steht, dass es für die Hamadys nicht leichter wird. Abbas sitzt im Knast, Latif wagt einen Neuanfang, und Toni, dem endlich der Einstieg ins Immobiliengeschäft gelingt, versucht den Einfluss der Familie zu erweitern – nicht ohne Folgen. "Berlin gehört jetzt uns, und das ist erst der Anfang!", verkündet der Clanchef zu Beginn des Trailers. Wir sind gespannt, ob die Fortsetzung an den Erfolg der ersten Staffel anknüpfen kann.
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