Hrubesch - erfolgreich und charakterstark

Credit: DAVID KLEIN FÜR PLAYBOY

Olympia 2016 - es war das letzte große Turnier von Horst Hrubesch als Trainer beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Mit seinem Team gewann der 65 Jahre alte Coach die Silbermedaille. Der Playboy bedankt sich bei einem der letzten großen und charismatischen Trainer-Dinosaurier

Dieser Treffer aus elf Metern Entfernung bedeutete nicht nur eine Erlösung für Brasilien, sondern leitete gleichzeitig das Ende von Horst Hrubeschs Amtszeit als Trainer deutscher Nachwuchs-Fußballmannschaften ein. Hrubesch führte das deutsche Team zum ersten Mal seit 28 Jahren wieder zu Olympia und gewann mit seiner U23-Auswahl – nur drei Spieler durften älter als 23 Jahre sein – eine Silbermedaille.

Folgt nun das Karriereende des Trainers? "Nee", antwortet Hrubesch im Interview mit dem Playboy (aktuelle Ausgabe), "ich habe ja nur gesagt, dass ein anderer, ein Junger, die U21 übernehmen soll." Sein Vertrag laufe noch bis zum Ende des Jahres, danach sei alles offen. "Ich werde mich jedenfalls nicht zu Hause aufs Sofa setzen und Däumchen drehen."

Für Tore "muss man arbeiten"

Der 65-Jährige war über den kompletten Zeitraum seiner Karriere - sowohl als Spieler und Trainer - ein akribischer Arbeiter: Sein Debüt als Fußballprofi gab er erst im Alter von 24 Jahren, zuvor arbeitete er als Dachdecker und Fliesenleger. "Der filigrane Fußballer war ich ja nicht. Ich wusste, dass man für Tore arbeiten muss und nie aufgeben darf", sagt Hrubesch im Playboy-Gespräch.

In seinem ersten Spiel als Profi – er lief für Rot-Weiß Essen in der Bundesliga gegen Bayer Uerdingen auf – gelangen ihm sofort beide Treffer zum 2:1-Sieg der Essener. "Das waren wahrscheinlich die entscheidenden Tore für meine Karriere. Wäre ich in Essen durch den Rost gefallen, dann wäre das mit der großen Karriere nichts geworden", sagt das "Kopfballungeheuer", der diesen Namen erhielt, weil seine Treffer mit dem Kopf "oft die entscheidenden waren."

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Wie beispielsweise sein 2:1-Siegtreffer im Finale der Europameisterschaft 1980 gegen Belgien. Das 1:0 hatte zuvor ebenfalls Hrubesch erzielt – es waren seine ersten beiden Länderspieltore, die für den zweiten von insgesamt drei deutschen EM-Triumphen sorgten.

Zwei Jahre später, bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien, erreichte Hrubesch mit der deutschen Nationalmannschaft das Finale gegen Italien, das die Deutschen mit 1:3 verloren. Der WM-Pokal ist so ziemlich der einzige Titel, der Hrubesch in seiner Karriere als Profifußballer fehlt: Mit dem Hamburger SV wurde er drei Mal Deutscher Meister und zwei Mal Europapokalsieger - sowohl im Pokal der Landesmeister, als auch im Wettbewerb der europäischen Pokalsieger.

Erfolgreichster Trainer im Juniorenbereich

Seit dem Jahr 2000 ist Hrubesch beim Deutschen Fußball-Bund als Trainer angestellt. Als Assistenz-Coach von Erich Ribbeck erlebte er die Blamage der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2000 (Deutschland schied in der Vorrunde aus) auf der Bank (siehe Bild unten) mit.

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Nach dem desaströsen Turnier wechselte er in den Juniorenbereich des DFB und krempelte diesen erfolgreich mit um: 2008 wurde er mit der U19-Nationalmannschaft, in der unter anderem die beiden Bender-Brüder Lars und Sven (Silbermedaillen-Gewinner von Rio) spielten, Europameister. Nur ein Jahr später gelang es ihm, den gleichen Titel nochmals zu erringen – allerdings mit der U21-Auswahl Deutschlands.

In diesem Team von 2009 waren Spieler wie Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Mesut Özil, Mats Hummels, Benedikt Höwedes und Sami Khedira – allesamt spätere Weltmeister von 2014: Hrubesch formte sie zu Siegern. Trotz zahlreicher Erfolge blieb der 65 Jahre alte Trainer immer bescheiden. "Ich sitze ja am Ende der Kette, denn: Die Guten werden unten gemacht, mit fünf, sechs, sieben Jahren, bei den kleinen Vereinen", sagt Hrubesch im Playboy-Interview.

Während der Trainer sich demütig zeigt, kommen seine Schützlinge kaum aus dem Schwärmen heraus, wenn sie über Hrubesch sprechen. "Er hat uns angeschnauzt und sofort wieder aus dem Dreck gezogen. So habe ich das noch nie erlebt. Ein super Mensch", sagte etwa Manuel Neuer nach dem EM-Titel 2009. Julian Brandt, Silbermedaillen-Gewinner von Rio ist dem Kicker gegenüber ebenfalls voll des Lobes: "Ich habe bis jetzt selten einen Trainer erlebt, der den Fußball so lebt, der trotz seines Alters am liebsten noch selbst auf den Platz gehen möchte und Tore schießen will. Das ist unfassbar", versichert Brandt, "er ist ein geiler Typ."

"Aus Konfliktpotenzial erwächst Energie"

Hrubesch selbst war es immer wichtig, dass seine Spieler sich selbst gegenüber treu und nach außen authentisch bleiben. "Es macht keinen Sinn, etwas zu kopieren. Die (Spieler) sind alle tätowiert, haben alle Ohrringe. Ich sage immer: 'Ihr macht alles nur nach. Lasst euch was anderes einfallen! Sagt doch mal eure Meinung! Ihr habt eine, das weiß ich' ", erklärt der erfahrene Trainer im Playboy. Unvorstellbar, dass Hrubesch es toleriert hätte, wenn sich einer seiner Spieler direkt nach dem Olympischen Finale ein Tattoo hätte stechen lassen – so wie der Brasilianer Neymar.

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In seinen Teams war es Hrubesch immer wichtig "charakterstarke Kerle" zu haben – bei den Olympischen Spielen zählten die Bender-Brüder und Nils Petersen zu dieser heutzutage seltenen Kategorie von Fußballern. 40 Jahre im bezahlten Fußball: Trotzdem hat sich Hrubesch nie verbiegen lassen, er war immer ein ehrlicher und bescheidener Arbeiter. Was er wohl nach seinem Engagement beim DFB machen wird? Wahrscheinlich "Lachsfischen in Norwegen. Da habe ich ein paar gute Freunde, da kenne ich die Gegend, da ist nichts los - da bin ich raus."

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