Die 25. Weltmeisterschaft der Professional Darts Corporation (PDC) war vor allem eine große Abschiedstournee des legendären Altmeisters Phil Taylor. Dann verlor er im Finale gegen einen völlig Unbekannten: Rob Cross, ein 27-jährigen Familienvater aus Hastings. der vor etwas mehr als einem Jahr seine Brötchen noch als Elektriker verdiente. Wer ist der Mann, der „The Power“ in die Knie gezwungen hat?

 

 

Ruhig, schüchtern, fast etwas betreten geht Rob Cross an den Kameras vorüber, die gerade das Finale der Darts-WM aus dem Londoner Alexandra Palace in alle Welt übertragen haben. Es wirkt so, als habe der Engländer mit kahlgeschorenem Kopf und leichtem Bauchansatz nicht mit so viel medialem Interesse gerechnet.

Dabei hat sich Cross gerade nicht nur zum besten Dartspieler der Welt gekürt – er hat im Finale Phil Taylor bezwungen, eine lebende Legende, die ihren Sport zeitweise fast nach Belieben dominierte und der deshalb Fans und Kollegen den Spitznamen „The Power – die Macht – verliehen.

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Besonders kampfeslustig wirkte Taylor während dieser WM allerdings nicht mehr. Er ist 57 Jahre alt und hat bereits angekündigt, seine Karriere nach dem Turnier beenden zu wollen: „Noch dieses eine Mal, und dann ist für mich Schluss, sagte er im Vorfeld.

Aber dennoch schaffte er es noch einmal ins Finale und ließ – etwa bei seinem Viertelfinalsieg über den Schotten Gary Anderson, den Doppel-Champion der Jahre 2015 und 2016 – noch einmal seine enorme Klasse aufblitzen. 5 zu 3 stand es am Ende für den Altmeister.

Rob Cross blieb davon unbeeindruckt. Im Finale lieferte der 27-Jährige ein furioses Match, in dem er gleich das erste Set mit 3:1 für sich entschied und seine Führung danach kontinuierlich ausbaute. Erst im vierten Durchgang kann Phil Taylor ein Set für sich entscheiden. Am Ende steht es 7:2 – Cross, die Nummer 30 auf der Weltrangliste, hat dem 16-maligen Weltmeister keine Chance gelassen. „Er war der bessere Spieler, gesteht Taylor ein.

Karriere auf Umwegen

Dabei deutete vor der WM nichts darauf hin, dass Cross ein ernsthafter Anwärter auf den Titel sein könnte. Seine Begeisterung für den Dartsport entdeckte er zwar schon als Kind und nahm früh an regionalen Wettkämpfen teil. Aber den Sprung in eine Profikarriere wagte er erst vor etwas über einem Jahr. Zwischendurch habe er das Dartspielen sogar vollständig aufgegeben, um mit dem trainingsintensiven Sport nicht die finanzielle Sicherheit seiner Familie aufs Spiel zu setzen, erklärte Cross gegenüber der britischen „Sun. Stattdessen verdingte er sich in seinem Heimatort Hastings als Elektriker.

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Es war sein Onkel, der ihn nach einigen Jahren wieder zum Dartsport brachte. Eines Morgens holte er ihn aus dem Bett und fuhr ihn zu einem Amateurturnier im fast 300 Kilometer entfernten Norwich. Cross kam bis ins Halbfinale. Von da an widmete er sich nur noch seinem Sport. nur noch einem Ziel: Er wollte zur Weltmeisterschaft der prestigeträchtigen Professional Darts Corporation (PDC).

Plötzlich im Rampenlicht

Dass er sich hier schon im ersten Jahr seiner Teilnahme gegen die hochkarätige Konkurrenz durchsetzen könnte, damit hat Rob Cross selber nicht gerechnet – noch zu Anfang des Jahres galt er bei einer Quote von 125:1 in den Wettbüros als chancenloser Außenseiter. Jetzt aber hat er sich die Krone des professionellen Dartsports gesichert – gegen Taylor, gegen den Mann, der diesen Wettbewerb fast drei Jahrzehnte prägte wie kein anderer.

Der Erfolg katapultiert den Mann aus Hastings in eine andere Umlaufbahn. Nicht nur die Darts-Community ist auf ihn aufmerksam geworden – plötzlich interessiert sich die ganze Welt für den zurückhaltenden Familienmenschen, der mit 18 zum ersten Mal Vater wurde und mittlerweile drei Kinder hat.

Wie schon Phil Taylor vor ihm wird Cross lernen müssen, mit der veränderten Situation umzugehen. Der enorme Druck, der von nun an auf ihm lastet, macht es für einen Konzentrationssportler sicher nicht leichter, Wettkampf- und Trainingsverhalten müssen angepasst werden. Zugleich ist Rob Cross seit der Nacht seines Finalsiegs auf einen Schlag um 400.000 Pfund reicher.

Eines jedenfalls ist sicher: An sein altes Leben als Elektriker wird künftig nur noch sein Spitzname erinnern: „Voltage – Hochspannung.