"Star Wars ist tot!", so beschrieb ich den Gemütszustand vieler Fans in unserem Star Wars-Special der aktuellen Playboy-Ausgabe. Genauer ist damit die Situation nach der vorangegangenen Episode „Die letzten Jedi“ aus dem Jahr 2017 gemeint.
In Episode VIII machte Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson vieles anders und brach mit den klassischen Mustern der Star Wars-Saga. Zwar fand dieser Mut lobende Worte und vielen Fans gefiel „Die letzten Jedi“. Nüchtern betrachtet war der Film aber für mich im Nachhinein ein enttäuschendes Erlebnis.
Fragen, die ich mir seit Episode VII stellte, wurde in Teil VIII ignoriert oder ad Absurdum geführt. Charaktere waren teils kaum wiederzuerkennen und auch mit Teilen der Handlung hatte ich meine Probleme. So ging es nicht nur mir. Im Internet wurde über Rian Johnson bitterböse hergezogen, während einige wenige den Film verteidigten.
Die Fangemeinde scheint kurz vor dem Finalfilm also gespalten. Dem zurückkehrenden J. J. Abrams stand also eine wahre Mammutaufgabe bevor. Denn auch ohne die Enttäuschung über Episode VII ist es schwierig, die kritische Star Wars-Fangemeinde milde zu stimmen.
Nun, so viel vorweg: Regisseur und Drehbuchautor J. J. Abrams tut in "Der Aufstieg Skywalkers" alles, was in seiner Macht steht. Es scheint fast so, als ob er sich an einer Mängelliste entlang gehangelt hätte, die ihm der wütende Star Wars-Fanmob vor Drehbeginn ausgehändigt hätte. Und das ist durchaus positiv gemeint. Denn Star Wars IX soll nicht nur die Fäden der letzten beiden Filme zu einem stimmigen Ende zusammenführen, sondern den Kreis schließen, der 1977 begonnen wurde.
Und ich ziehe meinen Hut vor Abrams. Er löst diese Probleme so elegant, wie möglich. Und das ohne dabei den viel gescholtenen Rian Johnson lächerlich zu machen. Dabei weiß auch Abrams Story immer wieder zu überraschen.
Der Film startet ohne langen Anlauf, und auch der Eröffnungstext ist kurz, prägnant und schnörkellos. Der Einstieg ist leicht, doch man sollte sich mit der bisherigen Geschichte befasst haben. Gerade im ersten Drittel hastet die Erzählung etwas von Schauplatz zu Schauplatz, doch das ist zu verschmerzen.
Auch der Tod von Leia-Darstellerin Carrie Fisher, für deren Auftritt man auf Archivaufnahmen der Vorgänger-Filme zurückgriff, wird würdevoll behandelt. Zwar sollte ihre Figur im Film ursprünglich eine größere Rolle anberaumt werden, doch auch so hat man das Gefühl, Leia ist während des gesamten Films präsent und alles andere als unwichtig.
Die rasante Fahrt, die der Film ab der ersten Minute aufnimmt, kommt eigentlich über die komplette Spieldauer nicht zum Erliegen. Verschnaufpausen sind selten, jedoch an den richtigen Stellen untergebracht. Insgesamt ist „Der Aufstieg Skywalkers“ der vielleicht actionreichste Film der ganzen Reihe.
An Lichtschwertkämpfen, Schusswechsel mit Sturmtruppen und Raumschiffkämpfen wurde jedenfalls nicht gespart. Das mag für den ein oder anderen Zuschauer leicht überfordernd sein. Ein Effekt-Exzess wie in so manchem Teil der Prequel-Trilogie bleibt aber aus.
Das klingt bisher alles sehr wohlwollend, doch auch ich habe meine Kritikpunkte. Die liegen zum einen in der Einführung des großen, bösen Gegenspielers. Dessen Rückkehr wurde bereits im Trailer angedeutet.
Für mich eine vertane Chance auf eine gewaltige Überraschung im Kinosaal. Denn die Darstellung des Oberbösewichts hat es in sich, was nicht zuletzt der abermals großartigen Musik von John Williams zu verdanken ist.
Auch die Einführung des Antagonisten und die Erklärung für seine Wiederkehr wird einigen Fans sauer aufstoßen. Nicht, dass es sich innerhalb des Star Wars-Kosmos nicht glaubwürdig anfühlt. Man hätte sich den Aufbau einfach schon einen Teil früher gewünscht.
Der Hauptkritikpunkt ist ohnehin nicht bei „Der Aufstieg Skywalker“ anzusetzen, vielmehr bei der fehlenden Gesamtgeschichte der neuesten Trilogie. Während es dem „Erwachen der Macht“ an Neurungen fehlte, hatte der Mittelteil „Die letzten Jedi“ zu viele davon. Das fehlende Gesamtkonzept erweist auch dem Abschluss der Saga einen Bärendienst.
Nicht, dass der Film enttäuscht, aber die von Disney produzierte Sequel-Trilogie hätte noch um einiges besser und befriedigender sein können, hätte man einen großen erzählerischen Bogen über die drei Teile geplant. Die "Herr der Ringe"-Verfilmung und das "Marvel Cinematic Universe" zeigten vorbildhaft, wie man über viele Stunden eine große Geschichte nahezu perfekt erzählt. Auch George Lucas hatte bei seinen Star Wars-Filmen stets das große Ganze im Hinterkopf.
Stattdessen wurde jeder "Kireg der Sterne"-Film der dritten Trilogie für sich konzipiert, der rote Faden fehlte hie und da durch die Autoren- und Regie-Wechsel. So fühlt sich „Der Aufstieg Skywalkers“ zu teilen an, wie eine Fortsetzung von Episode VII.
Ideen und Themen, die Rian Johnson in seinem streitbaren Film einführte, werden entweder revidiert oder übergangen. Und auch nicht alle offenen Fragen, die sich die Fans seit „Das Erwachen der Macht“ stellen, wurden beantwortet.
Das mag für einige frustrierend sein, hat aber mit dem abbramsschen Konzept der „Mystery Box“ zu tun. Sprich: Nicht jedes Geheimnis soll aufgeklärt werden, um so die Fantasy des Publikums bei Laune zu halten.
Für mich persönlich funktioniert dieses Konzept in Teil IX der Saga überraschend gut. Ich hatte meine Freude an der Rückkehr vieler Charaktere und mochte auch die neuen Figuren, die alle ihren Sinn hatten. Der Humor ist wohl temperiert und an den richtigen Stellen platziert.
Endlich brechen Rey, Finn und Poe als Führungstrio zusammen in ein gemeinsames Abenteuer auf, anstatt wie in den den beiden Vorgängerteilen stets in parallelen Handlungssträngen beschäftigt zu sein. Überhaupt sind die neuen Hauptdarsteller in diesem Teil so stark, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Das Casting von Daisy Ridley, John Boyega und Oscar Isaac hatte mich von Beginn an überzeugt.
Die Chemie, wie sie bei Carrie Fisher, Mark Hamill und Harrison Ford in den Original-FIlmen zu spüren war, fehlte mir aber bisher. Auch das ändert sich endlich. Und auch andere Rollen, die wir seit "Das Erwachen der Macht" kennengelernt haben, finden zu alter Stärke zurück. Etwa General Hux, gespielt von Domnhal Gleeson gefällt mir wieder besser.
Highlight, wie in der gesamten Trilogie, ist für mich aber Adam Driver und seine Figur Kylo Ren. Driver spielt den widersprüchlichen und getriebenen Bösewicht so gut wie nie zuvor. Eine Begegnung im Film, über die ich an dieser Stelle nicht mehr verraten will, ist für mich der absolute Höhepunkt der neuen Trilogie. Sie werden wissen, wovon ich spreche, wenn Sie es sehen.
Für mich, Star Wars-Fan seit etwas mehr als 20 Jahren, wird es noch ein bis zwei Sichtungen brauchen, um mir eine abschließende Meinung zu bilden. Ohnehin ist es schwierig, den Filmen mit einer nüchternen Punktewertung gerecht zu werden. So mag Episode I wahrlich nicht der Höhepunkt der Saga sein, trotzdem war es für mich eben die Initialzündung für meine Star Wars-Begeisterung.
Alles in allem hatte ich mir von der dritten Trilogie mehr erhofft. Zu viel? Vielleicht. Doch es wäre mehr drin gewesen. Und dennoch habe ich den Kinosaal glücklich verlassen. Das liegt vor allem zu der Liebe und Leidenschaft, die trotz allem Kommerz in diesem Film steckt. Man spürt, dass die Schauspieler glücklich sind, für einen Star Wars-Film vor der Kamera zu stehen.
Die Chemie der Charaktere stimmt und Fanservice ist zwar im Überfluss vorhanden, wird aber sinnvoll und pointiert eingesetzt. An vielen Stellen packte mich die Gänsehaut und vielleicht hatte ich sogar ein oder zweimal kurz feuchte Augen. Aber so ist es eben, wenn man alte Freunde zum letzten mal trifft, um sich zu verabschieden.
Fazit: Basierend auf meiner Wertung in der aktuellen Playboy-Ausgabe, hat „Der Aufstieg Skywalkers“ nach der ersten Sichtung 4 von 5 möglichen Punkten verdient.
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