Einer von uns: Sacha Baron Cohen. Keiner von uns: Mark Basseley Youssef

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Sacha Baron Cohen, der kluge Kino-Provokateur, bläht das Fiese der Welt so riesig auf, dass es platzt. Im Fall Mark Basseley Youssef ist es dafür leider zu spät. Der Islam-Schmähfilmer erschlägt mit seinem Stumpfsinn den Verstand

EINER von uns: Sacha Baron Cohen

In seinen größten Momenten wird es ganz still im Kino. Weil die einen betreten die Köpfe wegdrehen, während andere an ihren Lachattacken so zu ersticken drohen wie Cohens Borat beim Nackt-Ringkampf an seinem dicken Kumpel Azamat, der sich in Stellung 69 auf sein Gesicht setzt und brüllt: „Eat my asshole!“ Kann das sein, hier vor allen Leuten, so eine explizite Gewaltschwulenporno-Parodie?

Es muss sogar sein. Mit präzisen Befreiungsschlägen unter die geltenden Gürtellinien reißt Cohen Geschmacksgrenzen ein - und entlarvt die Befangenheit seiner Zuschauer als lächerlichen Ausdruck biederer Gesinnung. Das Kleinkarierte, Quell der realen Scheußlichkeit, ist sein Feind. Und den führt er vor. Macht ihn riesig, karikiert ihn in rabenschwarzen Szenen wie der „alljährlichen Judenhatz“ eines fiktiven kasachischen Dorfes, die darin gipfelt, dass Kinder ein großes Papp-Ei zerstören sollen, „bevor das Juden-Küken schlüpft“. Wer nicht lacht, bleibt blöd.

Antisemitismus, Rassismus, Schwulenhass - sie nehmen in Cohens Filmen so monumentale Missgestalt an, dass die Welt sich davor auftut: zwischen Belustigten und Beleidigten. Die Trennlinie zieht der Schärfegrad ihres Witz-Verstands. Cohen attackiert das Dumme durch Kunst im Gewand des Klamauks. Ein mutiger Intellektueller, Cambridge-Absolvent, der sich in Interviews als chauvinistischer Vollhorst ausgibt und Gesprächspartner so dazu bringt, ihren tiefsten Hass zu offenbaren. Im Licht seiner grellen Figuren Ali G., Borat, Brüno oder Admiral Aladeen wird die Realität gnadenlos vergrößert, peinlich und genau. Weil diese Typen keine falsche Rücksicht kennen. Gibt es ein höheres Ziel für einen Mann, als immer die Wahrheit sagen zu können, wenn er möchte?

Cohen macht die Welt besser. Demnächst will er jenen Hongkonger Unternehmer spielen, der jüngst 50 Millionen Euro auslobte für den Mann, der seine lesbische Tochter umdreht. Ein großer Spaß. Wir spielen gern mit.

 

KEINER von uns: Mark Basseley Youssef

Keine Ahnung, ob der Mann hinter dem Mohammed-Schmähfilm tatsächlich so heißt. Er hat schon viele Namen benutzt, Nakoula Basseley Nakoula, Sam Bacile, Erwin Salameh, Matthew Nekola, Amal Nada, Sobhi Bushra - und auch seine Identität ist nicht viel mehr als ein Steckbrief in Stichworten: in die USA emigrierter Angehöriger der koptischen Minderheit aus Ägypten, voller Hass auf die muslimische Mehrheit, Mitte 50, wohnhaft in Kalifornien, ehemaliger Tankstellenbetreiber, vorbestrafter Drogendelinquent, wiederholter Finanzbetrüger. Und miserabler Filmemacher.

Als solchen kennen wir ihn gut. Wer sich je mittels YouTube ein Bild davon gemacht hat, was Muslime in aller Welt in Rage versetzte, sieht das Werk eines rundum Zukurzgekommenen vor sich, der hilfloser als jeder Vorstadt-Kabarettist an den eigenen Auffassungsschwächen herumtherapiert - eifernd bis zur Ausdruckslosigkeit. Man muss den Inhalt nicht einmal verstehen. Für eine natürliche Portion Abneigung reicht es schon, erwachsene Darsteller das talentfreieste Gebärdentheater aufführen zu sehen, für das je lieblos angeleuchtete Pappkulissen errichtet und Wüsten-Dias an Studiowände geworfen wurden. Hass ist halt hässlich. Jeder, der sich, oder was ihm teuer ist, so dargestellt findet, darf sich mit Fug als verunglimpft betrachten.

Doch bleibt die Frage: von wem? Mark Basseley Youssef hat, so viel lässt sich mit Sicherheit über ihn sagen, die tiefen Teller nicht erfunden. Und wo kein Kopf, da ist ein Kopfgeld, wie Pakistans Eisenbahnminister Ghulam Ahmad Bilour es auslobte, natürlich keine passende Antwort. In welcher Währung bezahlt Geistesarmut ihre Schulden? Das Widerlichste, das wir Mark Basseley Youssef verdanken, ist: dass er der Dummheit eine Stimme mit millionenfachem Echo gab. Er hat der Gewalt einen Vorwand geliefert und die Welt schlechter gemacht. Viel schlechter, als sie ist.