Die erste Fahrradtour der Welt dauerte nur eine knappe Stunde. Am 12. Juni 1817 setzt sich Freiherr Karl von Drais in Mannheim auf ein klobiges Fahrrad aus Holz und strampelt los. Auf einer, für damalige Verhältnisse, gut ausgebauten Straße geht es von Mannheim in das 17 Kilometer entfernte Schwetzingen. Ein angenehmes Dahingleiten wird es mit Sicherheit nicht gewesen sein: Drais Ur-Form des Fahrrads hatte weder eine Bremse, noch Pedalen.
Als Drais am Ankunftsort von seinem Gefährt steigt, staunen die Menschen nicht schlecht. Mit seiner „Draisine“ ist er schneller gewesen als eine Postkutsche.
Drai´s Zeitgenossen hatten sich bisher vor allem zu Fuß fortbewegt. Die etwas Privilegierteren in einer Kutsche. Aber auf einem Fuhrwerk aus Holz, das aussieht wie ein umgebauter Ochsenpflug? „Viele Menschen hielten Drais wohl für einen Spinner“, sagt Thomas Kosche, Kurator der Ausstellung „2 Räder – 200 Jahre Geschichte“ in einem Interview mit der „Augsburger-Allgemeine“.
Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, warum Drais mit seiner Erfindung nie reich geworden ist. „Baden ist der technisch-industriellen Entwicklung in England und Frankreich hinterhergehinkt und es hat damals keinen wirksamen Schutz für Erfindungen gegeben“, sagt Kosche.
Im Jahr 1818 erhält von Drais von Großherzog Carl ein Privileg von zehn Jahren auf seine Laufmaschine. Außerdem wird er zum „Professor für Mechanik“ ernannt. Der Erfinder tüftelt unterdessen weiter und baut 1827 eine Stenomaschine für 16 Zeichen.
Doch das Schicksal meint es nicht gut mit Karl von Draus. Das Patent seiner Draisine ist nur für Baden gültig – dadurch entstehen zahlreiche Raubkopien. Drais selbst verkauft nur wenige lizenzierte Exemplare. Auch seine weiteren Erfindungen, darunter eine Schnellschreib- und eine Kochmaschine, finden kaum Absatz.
Als 1830 sein Vater, einer seiner einflussreichsten Unterstützer stirbt, verschlechtert sich seine Position in den vornehmen Kreisen Badens rapide. Zeitgleich wird er von politischen Gegnern gemobbt. Nach einem gescheiterten Mordversuch auf ihn, zieht sich der angeschlagene Erfinder von 1839 bis 1845 nach Waldkatzenbach im Odenwald zurück.
In dieser Zeit testet er fußgetriebene Fahrzeuge auf Eisenbahnschienen in Karlsruhe. Dadurch setzt sich von Drais ein weiteres Denkmal. Noch heute gehört die Bezeichnung Draisine zum Sprachgebrauch der Eisenbahner.
1849 schließt sich Drais den Revolutionären an. Er entsagt öffentlich seinen Privilegien als Adeliger und bekennt sich zur Demokratie. Doch die Revolution scheitert und der Fahrrad-Erfinder fällt tief. Seine Pension wird von der preußischen Besatzung beschlagnahmt, Drais enteignet, gedemütigt und verspottet. Er flüchtet sich in den Alkohol und verfällt diesem immer mehr, bis er schließlich am 10. Dezember 1851 in Karlsruhe stirbt.
Drais wird nur 66 Jahre alt. Seine bedeutendste Erfindung aber, das Fahrrad, hat ihn überdauert.