In meiner Münchner Grundschule besuchte eine Zeit lang der Sohn eines FC-Bayern-Kapitäns die Parallelklasse, ein verwöhnter Sack, wie ich fand. Als die Bayern mal wieder Wichtiges gewonnen hatten – Pokal, Meisterschaft, keine Ahnung –, ließ der Vater eine riesige Torte in die Schule schicken: Manna, in Vereinsfarben glasiert, vom Fußball-Gott. Die Gemeinde war aus dem Häuschen, halleluja!
Diese kindliche Anbetung entrückter Lichtgestalten mag mir noch einleuchten: Man selbst ist klein, die Großen können eh alles besser, und bis dann irgendwann mögliche Sexualpartner interessant und erreichbar scheinen, gibt’s für abseitige Obsessionen tatsächlich genügend Freizeit.
"Warum eine gute Veranstaltung zum Alternativ-Gottesdienst überhöhen?"
Dass aber lange erwachsene Männer ihr Lebensheil an die Tagesform von nur halb so alten Jünglingen knüpfen, ist bestenfalls albern. Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch ich bewundere die Kunst des Rasensports und freue mich – dank guter Kinderstube – über Bayern-Siege.
Doch warum eine gute Unterhaltungsveranstaltung zum Alternativ-Gottesdienst überhöhen? Warum Berufssportler abgöttisch lieben oder, wenn sie enttäuschen und womöglich gar den Verein wechseln, abgrundtief hassen?
"Absurde Wirklichkeitsverleugnungen als Folge"
Ob bei Fußballern, Philosophen oder Musikern – viele Fans können göttliches Werk nicht von irdischem Autor trennen. Was zum Teil absurde Wirklichkeitsverleugnungen zur Folge hat. Doch geniale Sportmanager sind manchmal auch Betrüger, große Denker gemeine Faschisten und unsterbliche Sänger vielleicht sogar Sexualstraftäter.
Man muss sich einer Person oder einer Sache nicht mit jeder Faser fanatisch verschreiben, um an ihr Spaß zu haben oder an ihr zu wachsen.
Unser Fußballfanatiker und Playboy-Reporter Alexander Neumann-Delbarre sieht das anders: Lesen Sie hier, was er über's Fan-Sein denkt.