Trump vs. die Medien

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Präsident Donald Trump und die Medien – das ist wie Katz und Maus. Die Krallen sind ausgefahren, der Kampf kann beginnen. Doch was haben die amerikanischen Medien unter Trumps Regierung wirklich zu befürchten? Wer wird gewinnen?

Eine Einschätzung übersetzt aus dem amerikanischen Playboy

Um die Jahrtausendwende herum hat Alexey Kovalev angefangen, als Reporter in Moskau zu arbeiten. Mit der Zeit hatte er sich zum leitenden Redakteur bei RIA Novosti hochgearbeitet – der größten staatlichen Nachrichtenagentur in Russland.

2014 entsteht Rossiya Sedodnya – eine Agentur, die aus der Fusion von RIA Novosti mit dem Radiosender Golos Rossii (Stimme Russlands), hervorging. Kovalev verlässt das Unternehmen. Er nennt die Fusion eine „Zusammenballung von Propagandamonstern“.

Heute leitet Kovalev eine Medienseite, die Informationen aus russischen Medien analysiert, Propaganda und Falschmeldungen aufdeckt. Er kennt Vladimir Putins Machenschaften mit den russischen Medien – wie er die postsowjetischen, freien Presse mundtot macht – aus erster Hand. „Das erste was Putin nach seiner Amtsübernahme 2000 machte, war aufsässige und feindselige Fernsehsender unter seine Kontrolle zu bringen. Die einen Oligarchen zeigten sich als loyal, die anderen wurden verbannt. Schon bald dominierte die russische Regierung die Äther,“ erzählt Kovalev. „Heute sind Putin und seine Beamten darauf getrimmt jegliche Form der Presse – ob staateigene, finanzierte oder sogenannte „unabhängige“ – voll und ganz dem Staat unterzuordnen. Wer sich nicht ohne weiteres sofort dem Staat unterwirft, wird gebrandmarkt: als unpatriotischer Verräter.“

Bei der Nationalversammlung der Demokraten sagte Michelle Obama letztes Jahr: Präsident zu sein, ändert dich nicht. Es zeigt lediglich, wer du wirklich bist. Wir werfen einen Blick auf Donald Trumps Medienvergangenheit – eine Zeit noch lange bevor er sich so richtig der Politik widmete: Weil er keinen Emmy für seine TV-Show „The Apprentice“ bekam, behauptete er, dass die Verleihung manipuliert sei. Er gesteht sich bis heute nicht ein, dass er nie einen Emmy gewonnen hat – ein riesen Wirbel wegen einer bedeutungslosen Trophäe. Seit über zehn Jahren streitet Donald Trump jetzt mit Rosie O’Donnell. Warum? Weil sie ihn in der TV-Show „The View“ kritisiert hat – Streit seit einem Jahrzehnt wegen eines 32 Sekunden Kommentars. 2012 tweetet Trump, dass er total versteht, warum Arianna Huffington’s Exmann jetzt einen Mann datet.

Trump ist ein kurzsichtiger Schwachkopf mit zu viel Geld und Minderwertigkeitskomplexen – und er wird sich nicht ändern. Ab sofort wird er auf nationaler Bühne mit seinem authentischen, improvisatorischen Klartext-Gerede weitermachen. Was das für uns bedeutet? Wir können uns auf eine Abrissbirne vorbereiten – das gilt vor allem für die Leute im Medienbereich. Die ersten Risse an der Fassade zeigen sich schon: In den Wochen vor seiner Amtseinführung, hat Trump eine öffentliche, medienablehnende Pressekonferenz gegeben. Er beschwerte sich über die Fotos seines Doppelkinns, die NBC veröffentlicht hatte, und zieht laut eines Esquire Berichts in Betracht, die Medien aus dem Weißen Haus zu schmeißen. Überraschend ist das alles nicht – Denn Trumps aggressive Anti-Medien-Haltung ist eine der wenigen konstant gebliebenen Teile seines Programms. Während seiner Kampagne hat er nicht nur gegen die New York Times geklagt und ihnen mit übler Nachrede gedroht, er hat auch laut eines ehemaligen Beamten die Presse der oppositionellen Partei angerufen. „Ich will sie aus dem Gebäude raus haben. Wir ziehen die Presseräume zurück,“ sagte er angeblich in einem Meeting.

Mit Stalin, Mussolini oder Putin kann man Trump aber nicht vergleichen. Denn Trump teilt nicht die gleichen stark vertieften, ideologischen Prinzipien wie diese Faschisten. Es wäre also vorschnell zu sagen, dass Trumps Aufstieg der Anbruch des amerikanischen Autoritarismus ist. Das heißt jetzt nicht, dass man sich zurücklehnen und ausruhen kann. Die Vereinigten Staaten werden jetzt von einer Regierung beherrscht, die Prioritäten darauf setzt, die Mainstream Medien zu delegitimieren und zu schwächen – und das wird jeden von uns treffen.

Wie in den US, ist die Pressefreiheit auch in Russland in der Verfassung fest verankert. Aber Putins Regierung findet immer wieder Wege, den freien Informationsfluss zu unterbinden – ohne Gewalt anzuwenden und ohne die Gerichte zu übergehen. Kovalev erzählt von einer kleinen, unabhängigen Fernsehstation namens „TV Rain“. 2014 fragte die Station ihre Follower auf Twitter: Hätte sich Leningrad im Zweiten Weltkrieg den Nazis geschlagen geben sollen und damit Millionen Leben retten sollen? Ein einfaches, wissenschaftliches Experiment, was den Kreml stinksauer machte. „Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs ist heilig, in Stein gemeißelt und steht nicht zur Debatte. Nach der Twitter Umfrage wurde TV Rain sofort weltweit von Beamten der Regierung, Veteranen und Loyalisten verurteilt. Innerhalb weniger Tage kickte jeder einzelne Kabelanbieter TV Rain von ihren Netzwerken. Kurz darauf war der Mietvertrag für das Büro in Moskau plötzlich gekündigt,“ erzählt Kovalev. Die Erklärung für beide Fälle war einfach: „Wir sind ein Unternehmen und wir wollen euch nicht mehr länger anbieten.“„Es war offensichtlich, dass sie unter Putins Regierungsdruck handelten, aber Gesetze wurden dadurch keine gebrochen. Und das kann zu jeder Zeit passieren.“

Trump wird, um die unabhängigen Medien zum Schweigen zu bringen, wahrscheinlich nicht auf derart hinterhältige Extreme zurückgreifen. Beunruhigend ist es dennoch, wenn man hört, wie in Russland der Verfassungsschutz umgangen wird und einem kleinen Sender ohne Einfluss der Leichensack geöffnet wird. Noch schlimmer ist es, wenn man darüber nachdenkt, dass einfache Bürger an der ganzen Sache genauso mitschuldig waren.

In Amerika ist der Glaube an die Bevölkerung noch groß: Die Bürger werden alles dafür geben, die Werte der Presse aufrechtzuerhalten und die Capitol Hill Reporter werden auf der Seite des Gemeinwohls stehen. Oder? Der Wahlkreis, der Trump wählte hat immer wieder gezeigt, dass sie das buchstäbliche Lynchen von Medienmitgliedern befürworten. Es ist also nicht allein der persönliche Wunsch des Präsidenten, die Presse zu begraben. Es ist auch der Wunsch seiner Anhänger.

„Seit den 90ern wurde das öffentliche Vertrauen in die Medien in Russland komplett zerstört. Wir befinden uns in einem allzeit Tief. Staatseigene TV-Sender dominieren lückenlos die Agenda. Neuigkeiten von unabhängigen Sendern erreichen vielleicht 10 Prozent der Bevölkerung – und das ist noch großzügig geschätzt,“ sagt Kovalev. „Umfragen zeigen, dass eine immer weiter wachsende Vielzahl an Leuten glaubt, dass es okay ist, wenn Medien die Öffentlichkeit falsch informieren, um den Interessen des Landes zu dienen. Die Leute sind einer totalen Hirnwäsche unterzogen: Wenn im Fernsehen an Tag eins eine Politik angekündigt wird und an Tag zwei eine komplette Kehrtwende gemacht wird, interessiert das niemanden.“

Kovalev ist sich sicher: die amerikanischen Medien können in einem Alleingang nicht niedergerissen werden. Die Presse der US ist diverser und pulsierender als die Infrastruktur in Russland und auch wenn viele Amerikaner mit ihren Mainstream Medien momentan unzufrieden sind, halten sie zu ihren Reportern.

Die nächsten vier Jahre werden Jahre, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben – in unterschiedlichen Belangen. Aber die Amerikaner haben immer noch ihre Normen. Und das ist ein großer Vorteil im Vergleich zu anderen Ländern wie Russland zum Beispiel. „Die jungen Russen, die 2018 volljährig werden, haben ihr ganzes Leben nie etwas anderes kennengelernt und nie etwas anderes gesehen als Putin,“ sagt Kovalev. „In den US ist das anders.“

Selbst wenn Trump zu einem kompromisslosen Alleinherrscher mutiert, der die Medien kastriert und die Verfassung nach seinem Bild umschreibt, eine unabhängige Presse kann immer noch Erfolg haben. Muhammad Sahimi ist Professor für Verfahrenstechnik an der Universität in Südkalifornien. Seine Diplomarbeit hat er in den 70ern in seiner Heimat Iran geschrieben hat. Heute ist er vor allem in der Energiegemeinschaft geschätzt und hat an einer Vielzahl von westlichen und iranischen Veröffentlichungen mitgearbeitet. Seit Mitte der 90er hat Sahimi sein Land nicht mehr besucht: Er hat Angst, dass er verhaftet wird. Trotz des aggressiven Regimes im Iran, sieht Sahimi die Zukunft des iranischen Journalismus optimistisch – unter der Bedingung, dass der außerhalb der Mainstream Schiene existieren muss.

„Der oberste Führer Ayatollah Khamenei, die IRGC (die Iranische Revolutionssicherheitskräfte) und die Fundamentalisten haben versucht, die unabhängigen Medien zu vernichten. Sie haben tausende Webseiten gesperrt, Journalisten ins Gefängnis geworfen, Journalisten dazu gezwungen, den Mund zu halten, sie ins Exil verbannt oder ermordet,“ sagt er. „Aber ihr höchstes Ziel haben sie nicht erreicht: Sie haben es nicht geschafft, die unabhängige Presse, den kritischen Journalismus und die Bemühungen, die Leute zu informieren, auszulöschen. Vielleicht weil das im Zeitalter der Information einfach nicht möglich ist. Und die Leute erkennen, wie wichtig und gefährlich die Arbeit der Medien, der unabhängigen Presse und anderer Leute ist. Weltweit gesehen ist der Iran auf Platz drei hinsichtlich der Zahl an Blogger. Diese Blogger haben die Rolle der alternativen Medien. Diese Blogs kann das Regime nicht alle blockieren oder auflösen.“

In einem autoritären System kann man kein normales Leben führen, erzählt Sahimi. Seine Leidenschaft, für eine freie Presse zu kämpfen, kam schon als College Student in Teheran. Er blätterte durch die drei nationalen Zeitungen des Schahs und weitere Magazine. „Die waren überhaupt nicht interessant zu Lesen, weil sie alle nur überschwängliche Lobpreisungen für den Schah druckten,“ sagt er. „Heute haben wir hunderte Zeitungen, Zeitschriften und Monatszeitschriften im Iran, die Erfolg haben – trotz Zensur und regelmäßigen hartem Durchgreifen und Inhaftierungen von Journalisten. Es gibt immer rege Diskussionen, Kritik an der furchtbaren wirtschaftlichen Lage und Korruptionsenthüllungen.“

Es wäre unverschämt zu behaupten, dass Trumps Regierung die amerikanischen Einrichtungen fundamental zerstören wird. Aber sollte er wirklich die Medien wie eine Oppositionspartei behandeln, wird hoffentlich jeder Amerikaner fest entschlossen sein, die Freiheit der Presse zu bewahren – bevor es zu spät ist. Und wie es immer so schön heißt: Journalisten arbeiten am besten unter Druck.

„Ich denke nicht, dass die amerikanischen Medien dem Untergang geweiht sind. Die Medien sind durch die internationalen Mediengesetze und einer unantastbaren Verfassung geschützt, die die Amerikaner religiös verehren. Ich rate den Journalisten, sich auf einen spezielle Aspekt von Korruption und Fehlverhalten zu konzentrieren, sich davon einen Teil auszusuchen und solange daran recherchieren und arbeiten, bis kein anderer Mensch mehr darüber weiß,“ sagt Kovalev. „Aber vor allem: Niemals verzweifeln. Ganz offensichtlich ist Trump feindselig gegenüber den Medien eingestellt, aber es ist noch lange nicht so schlimm wie in Russland oder einigen anderen Ländern in Europa wie Polen. Wir Russen schauen zu euch Amerikanern auf – nicht umgekehrt.“