Alexander Neumann-Delbarre, Reporter
Wir: Waren beste Freunde und spielten zusammen in einer Punk-Band, er sang, ich tat, als könnte ich Gitarre spielen. Sie: War erst auf all unseren Konzerten, und bald darauf auch in unserer beider Betten. Nur wussten wir nichts davon. Jedenfalls zunächst nicht. Als wir kapierten, dass sie in ein doppeltes Spiel trieb, gab es Ärger. Allerdings nicht mit ihr. Sondern zwischen mir und meinem besten Freund.
Ich glaube, es ging uns beiden dabei nicht nur um sie, es ging uns vor allem ums Gewinnen. Wir waren Teenager, wir maßen uns ständig, in allem. Fußball, Cool sein, Mädchen. Alles ein Wettkampf. Diesmal war sie die Trophäe. Am Ende gewann sie keiner von uns und wir lösten die Band auf. Es dauerte ein paar Jahre, bis wir wieder normal miteinander redeten. Irgendwann machten wir sogar wieder zusammen Musik. Aber wie früher wurde es nicht mehr. Ist unsere Yoko Ono schuld daran? Nein. Sie hat die Sache ausgelöst. Aber nicht verursacht. Das haben die Silberrücken in uns schon selbst gemacht.
Maximilian Marquardt, Site Manager
Yoko war umwerfend. Sie hatte langes blondes Haar, Beine bis in den Himmel und ihr Charme versetzte mich in eine schlafwandlerische Trance, besser als jeder LSD-Trip. Ich verfiel ihr sofort.
Kein Wunder auch, denn damals hätte ich nicht mal im Traum daran gedacht, jemals ein derartiges Weltklasse-Weib meine Freundin nennen zu dürfen. Ich, der langhaarige, Metalshirt-tragende, tätowierte Rockmusiker. Stolz präsentierte ich Yoko meinen Bandkollegen. Sie verstanden sich auf Anhieb gut, machten Witze und freuten sich für mich –für uns. Yoko ließ mir alle Freiheiten, die ich als raubeiniger Mucker so brauchte. Bei Auftritten stand sie Backstage und wartete mit kühlem Bier und Handtüchern auf mich. Wenn es kalt war, reichte sie mir meine Nieten-Lederjacke. Fuhren wir gen Süden in den Urlaub, stellte sie eine Playlist mit meinen Lieblingssongs zusammen. Es war grandios. Doch so gut es mit Yoko lief, so sehr verschlechterte sich die Grundstimmung in der Band. Yoko hatte uns geraten, „musikalisch progressiver zu werden“. Doch das kam bei den Fans nicht gut an.
Wir stanken ab. Die Plattenverkäufe gingen in den Keller. Es folgten die ersten Streitereien mit der Band. Die Luft war einfach raus. Das sagte auch Yoko. „Es ist deine Band, du musst da hart durchgreifen“, riet mir die Liebe meines Lebens. Ich befolgte ihren Rat. Einen Monat später löste sich die Band auf.
Doch Yoko und ich sahen die Sache positiv: Endlich hatten wir mehr Zeit füreinander. Wir zogen zusammen und ich tauschte Metalkutte gegen Hemd und die E-Gitarre gegen einen Elektrorasenmäher (ein Benziner wäre zu laut und dreckig, sagte Yoko). Nach zwei Jahren ohne Band, Bier und Bässe, buchte mir Yoko einen Termin beim Friseur. Ich ließ mir die Matte abschneiden. Eine Ära von 12 Jahren ungezügeltem Rock´n´Roll-Lifestyle ging damit zu Ende. Ich selbst kam mir in meinem Hemd und der neuen Spießerfriese ziemlich unmännlich vor. Yoko fand es „verdammt sexy“ und küsste meine in Falten gelegte Stirn.
Doch aller Sexyness zum Trotz, verließ sie mich wenig später – aus heiterem Himmel. Die Luft sei einfach raus, sagte Yoko. Sie brannte mit Jonas durch, einem sechs Jahre jüngerem Sunnyboy mit Pilotenbrille und wehend langem Haar. Als ich mit gebrochenem Herzen meine Sachen bei ihr abholte, ließ ich meine Hemden bei ihr im Schrank zurück. „Die sind dann für Jonas“, rief ich ihr zu und stieg Auto.
Max Krones, Volontär
Als ich 16 war, hielt ich meinen Freundeskreis für unzerstörbar. Wir waren 20 Jungs und wir trafen uns Wochenende für Wochenende in derselben Kneipe. Es gab keine Absprachen, man war einfach da. Frauen kamen und gingen – meistens gingen sie – und wir hatten unsere ersten besoffenen Aufrisse. Es war ein Paradies.
Bis Yoko in unser aller Leben trat. Anfangs entpuppte sie sich noch nicht als Yoko. Das haben Yokos wohl so an sich. Sie war nett, sah gut aus, witzelte mit uns rum. Wir nahmen nur am Rande Notiz von ihr. Wenn überhaupt, weil sie ihre heiße Schwester im Schlepptau hatte. Erst als wir unseren ersten gemeinsamen Party-Urlaub an den Plattensee buchten, bemerkten wir ein klitzekleines Detail auf der Buchungsliste, das für Aufsehen sorgte. Da waren 21 Namen. 20 feierwütige, stinkende, vulgäre Großmäuler und eine Yoko-Ono auf großer Balaton-Tour.
Wir ließen uns natürlich nicht vom Saufen, Kotzen und Ficken abhalten. Wir zerstörten Hotelzimmer, pinkelten wirklich überall hin, wir benahmen uns einfach nach Strich und Faden daneben. Yoko fand das sogar lustig. Nur John wusste nicht so recht wie er damit umgehen sollte. Er war ruhiger als sonst, gehemmter. Wer kann es ihm auch verübeln? Die erste richtige Freundin und dann zehn Tage überall Alkohol, Bikinis und Stripperinnen – was für ein Stresstest!
Yoko versaute uns den Urlaub nicht, aber wir uns im Nachhinein den Freundeskreis. Denn wir fingen an, John Vorwürfe zu machen: Er sei nicht mehr der alte, sei langweiliger geworden. Wenn wir die Beatles waren und Saufen unsere Musik, dann hat unsere Yoko Johns Genie wahrlich gehemmt.
Dieser Urkonflikt hat unseren Freundeskreis gespalten. Die Suff-Beatles haben sich getrennt. Manche Bandmitglieder meiden sich noch immer. Wenn ich mir die 20 Jungs heute so ansehe, gehört John sicherlich zum erfolgreicheren Drittel. Ich bin noch immer mit ihm befreundet und muss zugeben, dass diese Frau ihm sehr gut getan hat. Wenn ihn in naher Zukunft niemand abknallt wird er Yoko sicher heiraten. Mein 16-Jähriges Ich wüsste trotzdem nicht welche Variante es erschreckender fände.