"WIR MÜSSEN UNSERE FREIHEIT VERTEIDIGEN"

Credit: Playboy USA

Jetzt nimmt Cooper Hefner, jüngster Sohn des Playboy-Gründers, das Heft in die Hand. Bringt als Kreativ-Chef die Nacktheit zurück in die US-Ausgabe. Und stellt sich hier der Frage: Wo steht Playboy in Zeiten von Trump?

Vor 63 Jahren brachte mein Vater den ersten Playboy heraus. 6000 Dollar hatte er sich dafür zusammengeliehen bei Leuten, die an seine neue Magazin-Idee glaubten. Doch Playboy entwickelte sich bald zu etwas viel Größerem, als er anfangs dachte. Das Markensymbol, der Hase mit der Fliege, wurde zu einer Art Rorschach-Test für die Ansichten der Menschen über Sex. Und Fans und Kritiker stritten gleichermaßen, wofür die Marke und der Hase wohl stünden. Kurz: Was man in dem Hasen sah, sagte mehr über einen selbst aus als über alles andere.

Neben der Veröffentlichung Aufsehen erregender popkultureller Beiträge war es von Beginn an das Ziel meines Vaters, mit dem Playboy einen gesunden Dialog über Sex in Gang zu setzen und ebenso über soziale, philosophische und religiöse Einstellungen: Themen, die zwar in den Köpfen der Leute präsent waren, über die in der Öffentlichkeit jedoch fast nie geredet wurde, sollten Gesprächsstoff auf Partys und bei Tisch werden. Das war die Idee des Playboy.

Leider begriffen viele die Botschaft falsch oder gar nicht und reduzierten ihren Blick auf die explizite Darstellung von Nacktheit im Magazin, auf dessen revolutionären Umgang mit Sex und auf den Akt an sich. Und darin steckt letztlich die große Ironie. Denn Sex ist, bildlich gesprochen, nun mal der Urknall Ihrer Existenz, meiner Existenz, jeder bewussten Existenz und der gesamten Zivilisation.

Um über all dies Klarheit zu schaffen, fing mein Vater fast zehn Jahre nach der Einführung des Magazins an, "Die Playboy-Philosophie" zu schreiben und fügte ihr im Laufe der 60er-Jahre eine Reihe von mehr als 20 Beiträgen hinzu. Das Ziel, das er verfolgte, beschrieb er so: "Während wir es grundsätzlich gutheißen, uns selbst so zu sehen, wie andere uns sehen, haben wir doch den Eindruck, dass es sich gelegentlich um ein Zerrbild handelt.

Nachdem wir uns so lange geduldig angehört haben, was der Playboy in den Augen anderer repräsentiert und wofür er steht, haben wir nun - zu seinem neunten Geburtstag - beschlossen, an dieser Stelle unser Credo als Herausgeber darzulegen sowie einige persönliche Beobachtungen über unsere Gesellschaft und die Rolle des Playboy in ihr loszuwerden - hoffentlich auf eine Art und Weise, die unsere Freunde wie auch unsere Kritiker interessieren wird."

Playboy will Freiheit repräsentieren

Dort, wo mein Vater mit der Playboy-Philosophie aufgehört hat, will ich nun weitermachen und klären, wo wir heute stehen. Zwar haben mein Vater und ich bei all unseren Gemeinsamkeiten auch extreme Meinungsunterschiede. Doch teilen wir ein grundlegendes Verständnis: dass der Playboy ebenso wie die Vereinigten Staaten in ihrer besten Form vor allem eines repräsentieren wollen - Freiheit.

Viele denken vermutlich, dass ich mich deshalb ohne Zögern auf das Familienbusiness eingelassen habe, weil mich die vielen Partys faszinieren, die Gelegenheiten, mit interessanten Leuten einen Drink zu nehmen und Abenteuer zu erleben. Und ja: Ich habe tatsächlich schon eine Menge Abenteuer erlebt. Doch mein wahres Interesse und meine Leidenschaft gehören seit jeher dem, was viele den "langweiligen Kram" nennen würden, der für mich persönlich aber das Allerwichtigste ist: die Tradition unserer Marke im unermüdlichen Einsatz für Bürgerrechte und Meinungsfreiheit.

In den 50er-Jahren kämpfte Playboy gegen den McCarthyismus und veröffentlichte amerikanische Autoren, Künstler und andere, die von der US-Regierung auf die berüchtigte Schwarze Liste gesetzt worden waren. In den 60ern warb Playboy für einen Lifestyle, der auf Rassenintegration gründete - in den Playboy-Clubs, dem Magazin und in landesweit ausgestrahlten TV-Shows. Die 60er hindurch und darüber hinaus veröffentlichte Playboy Cartoons und Storys, die die sozialen Normen herausforderten, und machte sich für die LGBTQ-Community (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queer, d. Red.) stark, die von der Gesellschaft im Stich gelassen oder, schlimmer noch, von ihr attackiert wurde.

Playboy-Philosphie-Reihe zu neuem Leben zu erwecken

Natürlich ist es mir eine Ehre, etwas fortzusetzen, woran mein Vater mit so großer Überzeugung gearbeitet hat. Meine eigentliche Motivation jedoch, die Playboy-Philosphie-Reihe zu neuem Leben zu erwecken, ist meine Ansicht, dass wir in eine Ära eingetreten sind, in der sich die Geschichte zu wiederholen beginnt. Wenn ich also jetzt den ersten Teil einer Fortsetzung verfasse, liegt darin auch eine gewisse Ironie.

Voller Stolz darf ich aber zuerst einmal unsere kollektiven Errungenschaften der vergangenen Jahre betrachten: dass wir unseren ersten Präsidenten, der von einem schwarzen Vater und einer weißen Mutter abstammt, gewählt haben. Dass wir die Rechte von Homosexuellen vor den Supreme Court gebracht und erlebt haben, wie dieser zugunsten der gleichgeschlechtlichen Ehe entschied. Dass wir den Weg zur Legalisierung von Marihuana beschritten haben. Und dass wir Zeuge waren, wie zum ersten Mal eine Frau von einer großen Partei zur Kandidatin für das US-Präsidentenamt nominiert wurde.

Dies ist nur eine Auswahl der kulturellen Siege, die wir errungen haben. Doch nach all dem Fortschritt sind unsere hart erkämpften Gewinne heute in Gefahr. So wie das gesellschaftlich-politische Pendel zugunsten der Liberalen ausschlug, so schwingt es, wie so häufig in der Geschichte, nun wieder zurück.

In den 60ern und 70ern war das ähnlich, als die Menschen sich zum Freiheits-Mantra "Lassen wir das Individuum über sein Leben entscheiden" bekannten - eine Bewusstseinsveränderung. Doch dann brachten die 80er-Jahre die Aids-Krise und eine neue Version des uralten Kampfes zwischen Kommunismus und Kapitalismus, die Millionen von Menschen in Angst versetzte. Das Pendel schwang zurück zur konservativen Tradition, die durch demokratische und republikanische Präsidentschaften hindurch anhielt.

Schließlich verließen Rove, Rumsfeld, Cheney und Bush das Weiße Haus, und Obama zog ein, der anfangs zum Gefallen konservativer Wähler behauptete, bestimmte Vorstöße liberaler Politik wie die gleichgeschlechtliche Ehe nicht zu unterstützen. Doch was dann folgte, war eine Wende zum demokratischen Liberalismus des 21. Jahrhunderts, in dem neue Generationen es besser als ihre Vorgänger verstanden, ihrem Wunsch nach mehr Toleranz und Freiheit Ausdruck zu verleihen.

Wir schwingen heute wieder zurück

Und heute? Schwingen wir wieder zurück. In eine Tradition, in der Individualismus nicht willkommen ist. Es ist ein Moment der Geschichte, in dem die wichtigste intellektuelle Frage lautet: Wie können wir eine Gesellschaft schaffen, die so frei wie möglich ist - auch im Hinblick auf die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen unserer aktuellen politischen Entscheidungen. Wir müssen identifizieren, wer unsere Verbündeten sind in dieser Zeit, in der auf liberaler Seite eine Kultur der politischen Korrektheit Debatten unterbindet, weil sie die Gefühle von Menschen verletzen könnten. Während Politiker auf konservativer Seite offenbar kein Problem damit haben, die Rechte ganzer Gesellschaftsgruppen zu gefährden im Glauben, das werde "America great again" machen.

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Machen wir uns dies zur Einführung hier einmal deutlich - unabhängig von unserer sexuellen oder politischen Orientierung: dass die Dinge, die wir in der Gesellschaft zurzeit beobachten, in der Vergangenheit schon mehr als einmal passiert sind und dass ein Angriff auf amerikanische Muslime, auf die Gesundheitsrechte von Frauen, auf die LGBTQ-Community oder auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung ein Angriff auf die Rechte von uns allen sind. Wir sollten bereit sein, diese Rechte auf dem intellektuellen Schlachtfeld zu verteidigen, koste es, was es wolle.